Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Das letztere hat nun wohl in Berlin niemand zu irgend 
einer Zeit vorausgesetzt. Worauf es Bismarck ankam, lag klar 
zutage: auf eine neue Demütigung des Bundes, der wieder be- 
handelt werden sollte, als existiere er überhaupt nicht mehr. Hatte 
man die Bundesleitung in Frankfurt keiner offiziellen Mitteilung 
von dem Abschluß des Wiener Friedens für würdig befunden, 
so wollte man auch jetzt die doch vom Bunde angeordnete Exe- 
kution über die Köpfe der Frankfurter Versammlung hinweg rück- 
gängig machen. Daß dies in keinerlei Weise den Anschauungen 
des Königs Johann entsprach, war nicht zu verwundern, und 
das rücksichtslose Vorgehen Bismarcks, nur um dem Bunde seine 
Nichtigkeit fühlbar zu machen, mußte allenthalben tief verletzen. 
Deshalb konnte Beust wohl auch vorübergehend an Widerstand 
denken, und es hängt damit die in jenen Tagen durch den säch- 
sischen Gesandten von Könneritz in Wien an den Grafen Mens- 
dorff gerichtete Anfrage zusammen, was denn Osterreich wohl 
tun werde, wenn Preußen, ohne einen Bundesbeschluß abzuwarten, 
gegen die sächsischen Truppen in Holstein Gewalt anwende. Er 
erhielt die nichtssagende Antwort: „Wenn Preußen so wenig Wert 
auf die österreichische Freundschaft lege, daß es so etwas tue, 
dann träte eine ganz neue Situation ein; was dann Osterreich 
tun werde, darüber könne er freilich jetzt gar nichts sagen.“ Da 
war es denn besser, daß Sachsen am 28. Nov. den vom König 
in seinem Briefe erwähnten Antrag stellte, der Bund möge über 
die Beendigung der Exekution Beschluß fassen. Der Bund ver- 
suchte nun freilich die Sache hinzuziehen, indem er sie am 29. Nov. 
auf Bayerns Antrag an einen Ausschuß verwies und dem General 
Hake die Weisung erteilte, bis auf weiteres in seiner bisherigen 
Stellung zu verbleiben. Nunmehr gelangten am 29. Nov. zwei 
offenbar schon bereit gehaltene Noten Bismarcks in Dresden und 
Hannover zur Übergabe; in der einen stellte Preußen auf Grund 
des Art. 13 der Bundesexekutionsordnung „das bundesfreund- 
liche Ersuchen“, in der anderen verlangte es als europäische Groß- 
macht und Mitbesitzer von Schleswig-Holstein kurzweg, daß die 
Bundestruppen zurückgerufen würden. Hannover fügte sich um- 
gehend, so daß Sachsens Stellung dadurch noch prekärer wurde.
	        
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