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Kiel aufhielt, ein Ende bereitet werde; gerade hierin aber trat
der Gegensatz zu Osterreich schroff zutage, weil dies im stillen
und halboffiziell den Augustenburger unterstützte. So war am
6. Juli eine Massendemonstration für diesen in den Herzog-
tümern beabsichtigt; Osterreich wollte sie dulden, Preußen, wenn
notwendig mit Waffengewalt unterdrücken. Dabei hatte aber
Osterreich in einer Depesche vom 5. Juni in Berlin seine Bereit-
willigkeit erklärt, Schleswig-Holstein zu einem Bundesstaat mit den
von Preußen vorgeschlagenen Beschränkungen gegen gewisse Zu-
geständnisse an Osterreich auszugestalten. Man wußte offenbar
in Wien selbst nicht, was man eigentlich wollte, oder richtiger
gesagt, wic dies der sächsische Geschäftsträger Graf Könneritz cha-
rakterisierte, es bekamen abwechselnd zwei Strömungen in Wien
die Oberhand, die eine war für Annexion der Herzogtümer durch
Preußen, die andere für die Herrschaft des Augustenburgers. Das
betonte auch v. d. Pfordten, als Beust mit dem gerade bei ihm
überraschenden, seinem Scharfblick aber Ehre machenden Gedanken
an ihn herantrat, daß Osterreich jetzt den Zeitpunkt benutzen und
eine Nationalversammlung zur Regelung der schleswig--holsteini-
schen Frage berufen müsse; tue dies Osterreich nicht, so werde ihm
Preußen zuvorkommen und den Ruhm, die Ehre und den Vorteil
allein davon ernten. Dagegen hat sich v. d. Pfordten, wie der
sächsische Gesandte am 12. Juni 1865 aus München nach Dresden
berichtete, sehr kühl und skeptisch ausgesprochen. Auf Osterreich
sei kein Verlaß; überdies wies er auf die elenden Finanzen Oster-
reichs hin und schloß damit, daß Osterreich doch schließlich Kon-
zessionen machen werde; darum müsse man in Wien schon jetzt
zu vernünftigen Konzessionen raten.
In derselben Zeit hatten die preußischen Kronjuristen die
ihnen aufgegebene Frage nach dem Erbfolgerechte in den Herzog-
tümern erledigt, und zwar in dem Sinne, daß König Christian IK.
durch das dänische Erbfolgegesetz vom 31. Juli 1853 ein voll-
ständiges Recht auf die Herzogtümer erlangt und dieses durch
den Wiener Frieden vom 30. Okt. 1864 in rechtsgültiger Weise
an Osterreich und Preußen übertragen habe; ein anderes Erbfolge-
recht anzuerkennen seien also diese beiden Staaten nicht verpflichtet.