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Bruch zwischen den beiden Großmächten ein so großes National-
unglück für Deutschland sein würde und so unberechenbare Folgen
haben könne, daß man eine jede Möglichkeit zur Ausgleichung,
die sich mit der Ehre und den Grundsätzen vertrage, zu benutzen
verpflichtet sei.
Am 7. Aug. traf Beust in Wien ein; hier war der ent-
scheidende Beschluß schon gefaßt worden in einem Ministerrate,
den der Kaiser selbst geleitet hatte; zu diesem war auch der öster-
reichische Gesandte in München Graf Blome eingeladen, der seit
dem 27. Juli mit Bismarck in Gastein in Unterhandlung stand.
Beust erfuhr von dem Ergebnis dieses Ministerrates nichts; er wurde
aber von dem Grafen Mensdorff zum Mittagessen eingeladen,
an dem außer dem Grafen Moritz Esterhazy auch Graf Blome
teilnahm, und entwickelte hier Ansichten, die mit der vom König
Johann gegebenen Direktive nicht in Einklang zu bringen waren.
Ausgehend von dem Gedanken, daß Österreich an dem Mitbesitze
der Herzogtümer kein Interesse habe, dementsprechend, wie dies
auch die öffentliche Meinung sei, durchaus für eine nationale Sache
gekämpft habe, könne es nun sich auch mit Ehren jeder Ver-
wicklung entziehen, wenn es bei dem Bunde die Frage zur Ent-
scheidung stelle, ob der deutsche Bund das Verbleiben Osterreichs
in den Herzogtümern wolle oder nicht. Im Verneinungsfalle könne
Osterreich seine Truppen in allen Ehren und mit klingendem
Spiel aus den Herzogtümern zurückziehen, im bejahenden habe es für
die weiteren Entscheidungen zweifellos die Majorität des Bundes auf
seiner Seite. Auf ein neues Provisorium dürfe sich aber Oster-
reich auf keinen Fall einlassen. Diese Gedanken händigte Beust
dem Grafen Mensdorff auch noch in Form einer Denkschrift
ein. Wenn Beust in seinen Erinnerungen ableugnet, daß im
Hintergrunde dieser Gedanken kriegerische Absichten gelegen hätten,
so kann man ihm das schwerlich zugeben. Denn namentlich in dem
Falle, daß Osterreich unter der Autorität eines Bundesbeschlusses
in Holstein geblieben wäre, war kriegerische Verwicklung das Nächst-
wahrscheinliche, abgesehen davon, daß Preußen überhaupt eine
derartige Übertragung der Sache an den Bund nicht geduldet
haben würde. Wenn dagegen entsprechend den Gedanken des