Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

— 357 — 
1866: so könne es nicht fortgehen, es müsse ein neues Provi- 
sorium geschaffen und der Augustenburger aus Holstein weg- 
gewiesen werden. Wolle das Osterreich nicht, so möge es zu- 
sehen, „ob es sich mehr vor der preußischen Armee oder vor 
dem Geschrei der liberalen Blätter zu fürchten habe“. Bei dieser 
Gelegenheit tadelte Bismarck auch in heftigem Tone die „Popu- 
laritätssucht" und den Liberalismus der sächsischen Regierung. 
Er zielte dabei auf die Angriffe ab, welche Preußen in den Organen 
des gerade in Sachsen besonders ausgebildeten großdeutschen 
Liberalismus erfuhr und die sächsische Regierung nicht hinderte. 
Daß dic offiziösen Blätter, wie das „Dresdener Journal“ und 
die „Leipziger Zeitung“ gegen Preußen Front machten, war nur 
ein Widerhall der von Norden herkommenden Herausforderungen. 
Unter den Witzblättern zeichneten sich die „Seifenblasen“ mehr 
durch die hämische und kleinliche Art ihrer Polemik als durch 
Witz aus. 
So energisch nun auch Bismarck gegen Osterreich und seine 
wirklichen oder vorausgesetzten Verbündeten zu Felde lag, so war 
man doch von einer kriegerischen Verwicklung noch weit entfernt; 
namentlich König Wilhelm schreckte vor der Verantwortung eines 
Krieges bei seinem Alter und aus einer Art pietätsvollen Scheu# 
vor dem Bruche mit dem glorreichen Verbündeten seines Vaters 
von 1813 zurück. So wurde in der von ihm zu Berlin am 
28. Febr. 1866 abgehaltenen Beratung, zu der besonders hervor- 
ragende Militärs herangezogen wurden, noch kein kriegerischer 
Beschluß gefaßt, sondern nur die Möglichkeit einer kriegerischen 
Verwicklung erwogen. Dabei kam auch die Stellungnahme zu 
Sachsen in Frage, und was darüber entschieden sein sollte, wurde 
in tiefstem Vertrauen dem sächsischen Gesandten Grafen Hohenthal 
von seinem finanziellen Berater, dem bekannten Bankier Bleich- 
röder mitgeteilt, mit dem zugleich Bismarck in geschäftlicher Ver- 
bindung stand. Danach waren Stimmen laut geworden, Sachsen 
sofort zu besetzen, während man andererseits diesen offenbaren 
Friedensbruch zurückgewiesen habe. Einig sei man sich aber über 
die Okkupation Sachsens für den Fall des ausbrechenden Krieges 
mit Osterreich geworden — eine an sich eigentlich selbstverständ-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.