Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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aber von den Regierungen viel verlangt, auf den Vorschlag ein- 
zugehen, da noch gar kein Wahlgesetz und kein Verfassungsentwurf 
vorhanden war. Trotzdem wurde dem preußischen Antrage in 
Frankfurt der Achtungserfolg, daß man ihn an eine Kommission 
verwies. 
Währenddessen zeigte die österreichische Politik wieder die 
sonderbarsten Schwankungen. Mit Bezug auf die von König 
Wilhelm am 29. März unterzeichneten Rüstungsbefehle erließ 
Graf Mensdorff am 7. April eine scharfe und verletzende Note 
nach Berlin, worin er Osterreichs Mißtrauen gegen Preußens 
Zuverlässigkeit in der Rüstungsfrage zum Ausdrucke brachte. Auf 
diese antwortete Bismarck in gleichem Tone am 15. April. Da- 
mit schien der Krieg vor der Tür zu stehen. Aber schon am 
13. April hatte Mensdorff dem sächsischen Gesandten von Könneritz 
eine eigentümliche Eröffnung gemacht: „die höheren österreichischen 
Militärs seien sehr gegen ihn aufgebracht, da sie den Ausbruch 
des Krieges für unvermeidlich hielten und darum energische 
Rüstungen von ihm verlangten; er sei aber anderer Ansicht und 
halte vielmehr — zwar nicht aus Gründen, denn er 
habe keine dazu, sondern mehr aus Instinkt — die 
Erhaltung des Friedens immer noch für möglich und scheue daher 
jedes Geldopfer für Kriegsrüstungen.“ 
Dem entsprach dann auch die von dem Grafen Mensdorff 
am 18. April als Antwort auf die von Bismarck am 15. April 
abgelassene Depesche. Im Anschluß an gleichermaßen gegebene 
Zusicherungen Preußens erklärte auch er sich anheischig, die 
Truppenverschiebungen, durch die sich Preußen beunruhigt fühle, 
rückgängig zu machen. Er fügte hinzu, der Kaiser fasse den 
25. April als den Tag ins Auge, an dem die Befehle zur Ab- 
rüstung ergehen könnten. Darauf antwortete Bismarck am 
21. April, Preußen sei bereit mit der Heimsendung der Truppen, 
gleichzeitig mit Osterreich vorzugehen, vermied es aber hierfür, 
wie das Osterreich getan, einen bestimmten Termin festzusetzen. 
Man kann es heute klar heraussagen, daß diese Wendung zwar 
in ganz Deutschland ein Aufatmen friedlicher Hoffnung herbei- 
führte, daß sie aber eben darum nicht nach dem Sinne Bismarcks
	        
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