Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

— 374 — 
ein königlicher Armeebefehl des Inhalts, daß die Armee vom 
20. Mai an auf den mobilen Etat trete, und daß das Kommando 
des mobilen Korps der Kronprinz übernehme. Bezeichnend für 
die Empfindungen des Kronprinzen angesichts der seiner harren- 
den Aufgabe ist sein Brief vom 9. Mai an den Kriegsminister 
von Rabenhorst: „Wie gern bliebe ich auch in der nächsten gefähr- 
lichen Zeit an zweiter Stelle unter Ihrem bewährten Kommando, 
denn wahrlich Ruhm wird wenig zu haben sein, Ehre und Repu- 
tation aber oft auf dem Spiele stehen. Nur das Gefühl meiner 
Pflicht gegen das Land kann mich bewegen, die so schwierige 
Stellung anzunehmen.“ — Der Kronprinz kannte wohl seit 1849 
und von verschiedenen Manövern her die Stärke und tüchtige 
Ausbildung der preußischen Armee und die überlegenheit des 
preußischen Zündnadelgewehrs. Merkwürdigerweise hatte Raben- 
horst gegen diese Waffe eine solche Abneigung, daß bei der Aus- 
stattung der Infanterie mit neuen Gewehren in den Jahren 1860 
bis 1862 nicht das Zündnadelgewehr, sondern das gezogene öster- 
reichische Vorderladegewehr, System Lorenz, eingeführt worden war. 
Zu diesen Besorgnissen kamen noch schwere Bedenken wegen der 
Langsamkeit und strategischen Anfechtbarkeit der österreichischen 
Aufstellung. Ringelsheim hatte ganz offenherzig erklärt, daß das 
österreichische Heer augenblicklich dem sächsischen noch nicht zu 
Hilfe eilen könne, weil es noch nicht genügend gerüstet sei, wes- 
halb auch Beust zu ihm sagte: „Laßt Euch lieber drei Ohrfeigen 
geben, als daß Ihr losschlagt, bevor Ihr fertig seid.“ Aber 
außerdem gingen Benedek, der am 12. Mai das Kommando der 
österreichischen Nordarmee, übrigens sehr gegen seine innerste Über- 
zeugung, übernommen hatte, und sein Generalstabschef Krismaniê 
von der Annahme aus, daß die Preußen von Schlesien her ins 
Land brechen würden, und hatten deshalb Olmütz zur Basis der 
Aufstellung des Heeres gewählt. Schon aber wurde es klar durch 
die Truppenanhäufungen an der Nordgrenze Sachsens, daß der 
preußische Vorstoß sich durch dieses Land auf Böhmen richten 
würde. « 
Kronprinz Albert schrieb deshalb am 20. Mai an Benedek, 
er möge ihm doch Näheres über seine Anordnungen und Ab-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.