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am Bunde in schroffster Weise als wahrheitswidrig be-
zeichnet und am 10. Juni an sämtliche Bundesregierungen
eine ausführliche Note des Inhalts gerichtet: da der Bund
die preußischen Reformvorschläge nicht vorwärtsbringe, so
müßten die Bundesregierungen die Sache selbst in die Hand
nehmen, und zunächst mache die preußische Regierung folgenden
Vorschlag: Bundesgebiet und Bundesversammlung bleiben vor-
derhand dieselben, nur mit Ausschluß der österreichischen und
niederländischen Gebiete und ihrer Vertreter bis zu einer gesetz-
lichen Neuregelung durch den Bundestag und durch eine deutsche
Nationalversammlung, die nur aus einer Kammer besteht und aus
allgemeinen und direkten Wahlen hervorgeht; eine Kriegsmarine
soll hergestellt und das Bundesheer in zwei Teile geteilt werden,
einen norddeutschen unter preußischer und einen süddeutschen unter
bayrischer Führung.
In denselben Tagen, die der Entscheidung vorausgingen, er-
schien aus dem Lager von Olmütz der schon erwähnte kaiserliche
Flügeladjutant von Beck in Dresden, um den möglichst baldigen
Abmarsch der sächsischen Truppen nach Böhmen zu betreiben,
und zu gleichem Zwecke stellte sich von Clam-Gallas gesandt, der
die Linie Jung-Bunzlau—Turnau besetzt hatte, nochmals General=
major von Ringelsheim ein. Man unterhandelte mit ihnen am
11. und 12. Juni. Ihre Werbung wurde zum Bedauern des
Kronprinzen abgewiesen, da die Regierung erst die Entscheidung
über den österreichischen Antrag beim Bunde abwarten wollte,
die auf den 14. Juni angesetzt war. Gleichzeitig kam aber auch
die politische Lage in den Kammern zur Sprache. In der Schluß-
sitzung des Landtags vom 13. Juni fragte der Abgeordnete Schreck
an, zu welcher Abstimmung der sächsische Bundestagsgesandte be-
auftragt sei. Beust lehnte eine bestimmte Auskunft ab, versicherte
aber, die von Sachsen abzugebende Erklärung werde mit der
Bayerns im Einklang stehen; hierbei beruhigte sich die Kammer,
obgleich ein formeller Antrag von der liberalen Seite des Hauses
vorbereitet war. Mit Recht konnte daher Beust, der den Land-
tag am folgenden Tage im Auftrage des Königs schloß, von
dem warmen Gefühl des Dankes gegen die Landesvertretung