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hielt der Kronprinz, der die Truppen herangeführt hatte. Beim
Weitermarsch brachen Offiziere und Truppen Blätter von den
letzten sächsischen Eichen und steckten sie als letzten Gruß der
Heimat an Helm und Brust. In dem bald erreichten ersten böhmischen
Orte Peterswalde wurden die Sachsen von den Vortruppen der
Brigade Ringelsheim begrüßte, worauf noch am selben Tage über
die aus dem Befreiungskriege bekannten Schlachtfelder von Kulm-
Nollendorf der Marsch bis Teplitz fortgesetzt wurde; hier nahmen
der König und der Kronprinz im Schlosse des Fürsten Clary
Quartier. Von da begab sich der König am Nachmittag des
19. Juni, begleitet von Beust und Rabenhorst, nach Prag,
wo er im Hotel zum „Goldenen Engel“ von seiner Gemahlin
empfangen wurde. Diese hatte am 16. Juni mit der Kron-
prinzessin, der Prinzessin Georg und deren beiden Kindern Pillnitz
auf einem Dampsschiffe verlassen, das sie bis Aussig führte. Die
Königin-Witwe Marie und die damals fast 72jährige Prinzessin
Amalie, die dichterische Schwester des Königs, waren in Dresden
zurückgeblieben. Von Aussig fuhren die genannten Damen des
königlichen Hauses nach Prag, siedelten aber alsbald nach
Regensburg über, wo ihnen König Ludwig II. die am Ostentore
am unteren Ende der Stadt auf einer alten Bastei gelegene könig-
liche Villa zur Verfügung gestellt hatte.
Die sächsische Armee zählte mit Einschluß der Depottruppen,
die auch herangezogen wurden — nur auf dem Koönigstein blieb
eine Besatzung — im ganzen 31226 Mann, 8528 Pferde und
68 Geschütze. Dank den vereinten Bemühungen des Kronprinzen
und des Ministers von Rabenhorst war alles im besten Stande.
Zum Chef des Generalstabes hatte der Kronprinz den General-
major von Fabrice erwählt, denselben, der sich schon in Holstein
1849 ausgezeichnet hatte; als erster Adjutant des Kronprinzen
funktionierte der Prinz Georg von Schönburg-Waldenburg; die
Stelle des Artilleriedirektors bekleidete der Generalmajor Schmalz.
Von den beiden Reiterbrigaden befehligte die erste als General-
major der Bruder des Kronprinzen Prinz Georg.
Die nunmehr folgenden Ereignisse werden nur durch den
Hinblick auf die österreichische Unklarheit klar. Zunächst hatte