— 392 —
man sächsischerseits gehofft, die ganze österreichische Nordarmee
in Böhmen vorzufinden, um mit ihr vereint Nordböhmen gegen
die Preußen zu halten. Man fand aber nur das Korps von Clam-
Gallas vor. Ein einheitlicher Feldzugsplan existierte nicht; also
war man auf momentane Eingebung und vor allem auf einen
recht gut organisierten Nachrichtendienst angewiesen. Vorderhand
lag nur ein Befehl Benedeks vor, daß die Nordarmee bei Joseph-
stadt im oberen Elbgebiete, also zirka 150 Kilometer östlich der
augenblicklichen Stellung der Sachsen Aufstellung nehmen würde,
und daß sich in dieser Richtung die sächsische Armee im Falle
eines Angriffs auf das westlich von Josephstadt gelegene Miletin
zurückzuziehen habe. Auf Clam-Gallas' Vorschlag sollte die Be-
wegung zum Teil schon jetzt ausgeführt werden, indem sich die
sächsische Armee auf der Eisenbahn über Prag und Pardubitz
nach Chlumetz begebe; die Zustimmung Benedeks hierzu wurde
eingeholt, und am 20. Juni sollte wenigstens die Infanterie und
Artillerie befördert werden, während die Artillerie bis Jung-
Bunzlau zu marschieren hatte und ihren Ritt am 21. Juni
beginnen sollte. Der Kronprinz verlegte, um die Verladung der
Truppen besser überwachen zu können, sein Hauptquartier von
Teplitz nach Lobositz, wo er noch einmal den Besuch seiner er-
lauchten Gemahlin erhielt. Es erwies sich aber infolge der Kläg-
lichkeit der Beförderungsverhältnisse, daß die Abfahrtszeiten gar
nicht eingehalten werden konnten, und überdies traf in der ersten
Morgenfrühe des 22. eine Depesche von Clam-Gallas ein, die
den Befehl des Oberkommandos übermittelte: nicht nach Pardubitz
und Chlumetz, sondern nach der Iserlinie auf Münchengrätz und
Jung-Bunzlau sollten sowohl die Sachsen als die Osterreicher
des 1. Korps befördert werden. Nun waren aber schon mehrere
Truppenteile nach den anfänglich angenommenen Zielen unter-
wegs, mußten also in aller Geschwindigkeit noch von der ver-
änderten Marschroute unterrichtet werden; es ist klar, wie leicht
sich das hätte vermeiden lassen, wenn Benedek seinen Befehl
direkt an den Kronprinzen und nicht auf dem Umwege über Prag
geschickt hätte; denn dann hätte ihn dieser 24 Stunden früher
erhalten. Trotzdem wurden sofort die den veränderten Verhält-