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Sachsens an den Friedensberatungen wurden in den letzten Tagen
des Juni, also als die Dinge noch ein ganz anderes Ansehen hatten,
gewisse Abmachungen noch von Prag aus mit dem Wiener Kabinett
getroffen. Wie stand es aber mit dieser Beteiligung bei den
Präliminarverhandlungen in Nikolsburg? Nun, eine solche hatte
überhaupt nicht statt. Jedenfalls aber konnten doch die österreichi-
schen Unterhändler, die schon mit der Wahrung der Integrität
Sachsens beauftragt waren, auch mit der Sorge für die Aus-
dehnung des Nikolsburger Waffenstillstandes auf Sachsen betraut
werden. Da dies nicht geschah, so ergab sich die üble Folge, daß
Sachsen auch nach dem 26. Juli in vollem Kriegszustand mit
Preußen verblieb. Tatsächlich genoß die sächsische Armee den
Waffenstillstand insofern, als sie infolge ihres Aufenthalts auf
österreichischem Gebiete vor den Angriffen der preußischen Armee
gesichert war, aber die Kriegsreservisten konnten noch nicht nach
Hause entlassen werden, ohne sofort von den preußischen Militär-
behörden als Kriegsgefangene behandelt zu werden, und ferner
fuhren die in Sachsen für die Verwaltung des Landes von Preußen
eingesetzten Militär= und Zivilbehörden ruhig fort, ganz wie in
Feindesland zu schalten, so daß die vom Könige zurückgelassene
Kommission einen sehr schweren Stand hatte. Es hatte das dann
auch die weitere Folge, daß Sachsen die Friedensverhandlungen
in währendem Kriegszustande zu führen hatte. Schüchterne Ver-
suche Osterreichs, zugunsten des bedrängten Bundesgenossen später-
hin zu intervenieren, wurden von Preußen als eine unberechtigte
Einmischung in fremde Angelegenheiten zurückgewiesen.
Was nun den Fortbestand Sachsens in seinen derzeitigen
Grenzen anging, so behauptet Beust, daß er hierfür von Napoleon
die besten Versicherungen erwirkt habe, und eine dementsprechende
Weisung erhielt auch der französische Botschafter in Berlin Graf
Benedetti von seinem Herrn telegraphisch zugestellt, ehe die Nikols-
burger Verhandlungen begannen. Aber daneben besteht die andere
Tatsache, daß Kaiser Napoleon um die nämliche Zeit dem Grafen
Goltz in Paris versicherte, er werde nichts gegen die Einverleibung
eines Teiles von Sachsen haben, etwa des Leipziger und des
Bautzener Kreises; er munterte Preußen sogar auf, sich ein Stück
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