Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Es war das ein sehr wohltätiger Vertrag, der freilich in 
Berlin nur wenig Gnade fand, aber gerade allein es ermöglichte, 
den preußischen, oft die Grenze des Möglichen erreichenden Forde- 
rungen im verlangten Umfange gerecht zu werden. Denn da gab 
es bald allerhand Lieferungen von Lebensmitteln, Tabak, Zi- 
garren, Furage usw. Dazu kam der berüchtigte, weiterhin noch 
zu erwähnende Schanzenbau, späterhin die zweimalige Wegführung 
sämtlicher Lazaretteinrichtung bis herab auf die kleinsten Hand- 
tücher nach Böhmen, u. ä. m. Als Mittel zur Deckung solcher 
Ausgaben flossen zunächst nur die direkten Steuern, aber auch 
diese spärlich, weil der eigentliche Steuertermin schon vorbei und 
die Gelder abgeführt worden waren. Alle anderen Einkünfte von 
Forsten, indirekten Auflagen usw. ruhten infolge der kriegerischen 
Störungen. Dagegen erwies sich ein von Friesen vorgeschlagenes 
und auch alsbald angewandtes Mittel als sehr wirkungsvoll, das 
der sog. Handdarlehne. Es erging eine Bekanntmachung, daß 
die sächsische Regierung seitens des Publikums zur unmittelbaren 
Annahme von kündbaren Darlehen mit einer Verzinsung von 
6 Prozent bereit sei, ein zwar hoher, aber den damaligen Ver- 
hältnissen entsprechender Zinsfuß. Auf diese Weise erhielt man, 
bis die Annahme nach dem Friedensschlusse sistiert wurde, inner- 
halb eines Zeitraums von wenig mehr als vier Monaten den 
Betrag von 6553800 Talern ohne Mühe zur Verfügung gestellt. 
Freilich kamen diese durchaus in der Luft schwebenden Darlehen 
nicht allein aus Sachsen, das hierzu bei den sonstigen Lasten gar 
nicht in der Lage gewesen wäre, sondern aus anderen Staaten 
und namentlich — aus Preußen, ein Umstand, der den Minister 
Friesen mit berechtigtem Stolze auf die in weitesten Kreisen an- 
erkannte Zuverlässigkeit des sächsischen Kredits erfüllte. 
Der Versuch, die in München aufgespeicherten Schätze zu 
verwerten, wurde, freilich in sehr später Stunde, von Beust bei 
seinem erwähnten Aufenthalte in Paris kurz vor Beginn der 
Nikolsburger Verhandlungen gemacht. Beust schlug nämlich dem 
Baron Jakob Rothschild in Paris die über 40 Millionen wertende 
Niederlegung in München zur Übernahme in sein Geschäft vor 
und erhielt als Verzinsung 2 Prozent zugesichert, also etwa 800000
	        
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