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flissentlich jede Reibung, zeigte aber auch kein über das not-
wendige Maß hinausgehendes Entgegenkommen. Offentliche Lust-
barkeiten unterblieben, die Damen der besseren Gesellschaft zeigten
sich in Trauer, wozu sie auch bald tatsächliche Veranlassung haben
sollten. Andererseits ließ auch die Haltung der preußischen Trup-
pen nichts zu wünschen übrig. Mit Recht hat sich freilich Beust
über die Vandalisierung seiner Villa in Laubegast beklagt, wo
nicht einmal die Maiaufständler von 1849 mehr als eine Por-
tiere demoliert hätten; auch ließ von Wurmb in wenig rücksichts-
voller Weise den Schreibtisch einer gerade abwesenden, Beust näher
stehenden Dame in Dresden erbrechen, weil er darin Staats-
geheimnisse zu finden hoffte, — aber sonst ist wenig Veranlassung
gewesen, über die preußische Okkupation zu klagen, namentlich
nachdem Landwehrleute im ganzen Lande die abziehenden Linien-
truppen ersetzt hatten.
Einc für Dresden hochbedenkliche Wendung nahmen die Dinge,
als am 25. Juni der Plan des preußischen Generalkommandos
offiziell mitgeteilt wurde, die Stadt in eine Festung umzuwandeln.
Damals lag alles ja noch auf der Wagschale der Entscheidung.
Ein Vorstoß der mit den Sachsen vereinten österreichischen Armee
von Böhmen her lag nicht außer dem Bereiche der Möglichkeiten.
Aber wie man diese Befestigungswerke anlegen wollte, das war
cs, was mit Recht die Dresdener in Angst, Schrecken und Ent-
rüstung versetzte. Denn so nahe an die Stadt sollte diese Anlage
mit aller Absichtlichkeit gerückt werden, daß eine stürmende feind-
liche Armee gezwungen sein sollte, die herrliche Stadt der Künste
aus nächster Nähe zu verwüsten. Vor allem war es auf den
„Großen Garten“ abgesehen, dessen alte Bäume schon für dies
entsetzliche Werk bezeichnet wurden.
Zunächst mußten die hierfür nötigen ca. 6000 Arbeiter gewonnen
werden. An feiernden Händen war infolge des Krieges kein
Mangel: in den Kohlenbergwerkrevieren des Plauenschen Grundes,
in den Freiberger Belegschaften, in dem Zwickauer Grubengebiete
waren Arbeitskräfte genug vorhanden. Aber die Leute fürchteten
sich infolge des Gerüchtes, daß sie als Soldaten ausgehoben und
zwangsweise zur preußischen Armee abgeschoben werden sollten.