Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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langen aller Klassen und Schichten des Volkes ohne Unterschied 
der Parteirichtung geworden. Dasselbe beruht in den Bedürf- 
nissen der Zeit und hat durch die gewaltige Umgestaltung, welche 
das Jahr 1866 im deutschen Staatsleben hervorgerufen hat, neue 
Nahrung und Berechtigung erhalten.“ — Es ist nicht nötig, die 
einzelnen Phasen der Entwicklung des neuen Wahlgesetzes zu ver- 
folgen, das am 3. Dez. 1868 zur Annahme gelangte; nur sein 
Inhalt interessiert uns. Das Zweikammersystem wurde beibe- 
halten. Für die erste Kammer waren die Anderungen nicht so 
erheblichen Charakters, wie für die zweite. In Absatz 13 des 
die Mitglieder der ersten Kammer aufzählenden § 63 kamen zu 
den Vertretern der Rittergutsbesitzer auch die von „anderen 
größeren ländlichen Gütern“; durch Absatz 17 erhielt die Krone 
das Recht, nach freier Wahl fünf Mitglieder auf Lebenszeit ohne 
Ansehung des Standes zu kreieren. Als Grundlage für die Wähl- 
barkeit der Mitglieder, sei es durch ihre Standesgenossen, sei es 
durch die Krone, wurde die eines Gutes von mindestens 4000 
Steuereinheiten angenommen. — Die zweite Kammer dagegen 
erfuhr eine ganz wesentliche Umgestaltung. Der ganze § 68 der 
V. U. von 1831 wurde beseitigt, der die zweite Kammer sich 
zusammensetzen ließ aus 20 Abgeordneten der Rittergutsbesitzer, 
25 Abgeordneten der Städte, 25 Abgeordneten des Bauernstandes 
und fünf (seit 1860:10) Vertretern des Handels. Von nun an 
hieß der § 68: „Die zweite Kammer besteht aus 35 (seit 1892:37) 
Abgeordneten der Städte und 45 Abgeordneten der ländlichen 
Wahlkreise.“ Hierbei wurde die Unterscheidung von ländlichen 
und städtischen Wahlkreisen nicht als eine Stände= und Interessen- 
gliederung aufgefaßt, sondern entsprach nur dem tatsächlichen Be- 
dürfnis und der Zweckmäßigkeit, denn namentlich durch Wegfall 
des sog. Bezirkszwangs, d. h. daß der Wahlkandidat im Be- 
zirke wohnhaft sein sollte, war schon im Prinzipe eine ständische 
Vertretung ausgeschlossen. Durch § 1 des Wahlgesetzes wurde 
vor allem das allgemeine Wahlrecht anerkannt. Es hatte danach 
das aktive Wahlrecht jeder, der unbescholten, männlichen Ge- 
schlechtes, im Besitz der sächsischen Staatsangehörigkeit war und 
das 25. Lebensjahr erfüllt hatte. Das passive Wahlrecht hatte 
Sturmhoefel, Ueschichte der sächsischen Lande. II. 29
	        
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