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daß die Franzosen den Mont Avron unter Hinterlassung von
großen Vorräten an Gewehren, Munition und Wein in großer
Eile verlassen hatten. Kronprinz Albert schrieb darüber am
8. Jan. 1871: „Der Nutzen, den uns die Einnahme des Avron
bringt, ist direkt allerdings nur ein defensiver, indem wir nun
sicher vor Ausfällen von dieser Seite sind; indirekt aber hat
sic nach zwei Seiten hin gut gewirkt. Einerseits ist der mora-
lische Eindruck auf die Pariser ein großer gewesen, namentlich
die Erfahrung, daß ihre Artillerie der unfrigen nicht gewachsen,
andererseits hat man sich in Versailles durch unseren Erfolg
bewegen lassen, auch ihrerseits die Beschießung zu eröffnen, welche
seit dem 5. im Gange ist.“
Während nun die Linien der Maasarmee und besonders
auch der sächsischen Truppenteile in der Richtung auf Le Bourget
und südöstlich davon auf Drancy und Bondy seit dem 9. Jan.
fast täglich, oder richtiger nächtlich durch Ausfallsversuche der
Franzosen beunruhigt wurden, rüstete man sich in Versailles zu
der großen Feier, die den seit Jahrzehnten vergeblich gehegten
Einheits= und Kaisertraum des deutschen Volkes endlich in Er-
füllung gehen lassen und dem Auslande beweisen sollte, daß es
fürderhin die sprichwörtlich gewordene Uneinigkeit der Deutschen
nicht mehr in ihre politischen Rechenexempel als stehenden Faktor
einsetzen dürfte. An dem Gelingen der vielfach recht verschlungenen
und mitunter dem Scheitern nahen Vorverhandlungen für die
cwig denkwürdige Kaiserproklamation in Versailles hat König
Johann von Sachsen einen großen Anteil gehabt. Es war schon
ein großes Fördernis für den seit dem Zutritt der süddeutschen
Staaten für die Einigung des ganzen Deutschland arbeitenden
Bismarck, daß er von der Bereitwilligkeit König Johanns eventuell
auch auf dem Boden Frankreichs im Verein mit den anderen
Fürsten für Friedensschluß und Einigung seit dem August 1870
unterrichtet war. Denn dies bot ihm einen festen Halt, während
entgegen der mächtigen Strömung in der öffentlichen Meinung
sich namentlich an den süddeutschen Höfen in Darmstadt, Stutt-
gart und München noch starke partikularistische Einflüsse geltend
machten. Uberdies war, wie jetzt ja allgemein bekannt ist, nie-