Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Die gesetzgeberische Tätigkeit der Kammern stand unter dem 
frischen Hauche einer neuen und glücklichen Zeit. Wie man 
in kirchlicher Beziehung schon dem Bedürfnis nach einer selb- 
ständigen Ausgestaltung der Gemeindeverwaltung entgegengekom- 
men war, so stellte man um so viel mehr den durch die poli- 
tischen Ereignisse der letzten Jahre geweckten und gereiften staats- 
bürgerlichen Sinn in Rechnung und arbeitete auf die Autonomie 
der städtischen und ländlichen Gemeinden hin. Dementsprechend 
wurden für die ländlichen Bedürfnisse, die durch Verwaltungs- 
und Polizeibefugnisse gewachsen waren, bei den Amtshauptmann- 
schaften die Bezirks= und bei den Kreisdirektionen die Kreis- 
ausschüsse eingerichtet, beide von den Gemeinden wählbar. 
Ebenso waren die Gemeinden nunmehr neben der staatlichen 
Aufsichtsbehörde in der Bestallung der mit der neuen Volksschul- 
reform ins Leben tretenden Schulinspektoren vertreten. Der 
Fortbildungsunterricht erforderte dieses neue Amt, nachdem er 
durch Reichsgesetz obligatorisch geworden war. Am 8. April 1872 
wurde das Gesetz über die Emeritierung der evangelisch-lutheri= 
schen Geistlichen und ihrer Witwen und über deren Waisenkassen 
verabschiedet, am folgenden Tage das Gesetz über die Emeritierung 
ständiger Lehrer an den höheren Schulanstalten nebst Pensionskasse 
für die Witwen und Waisen der Lehrer an evangelischen Schulen 
und vor allem über die Gehaltsverhältnisse der Lehrer an den 
Volksschulen. — Diese Neuordnungen setzten einen sehr gutbestell- 
ten Stand der Finanzen voraus, wie er in der Tat auch vor- 
handen war. Der Aufwand des Staatshaushalts verlangte für 
die Finanzperiode 1872 und 1873 im Ordinarium 13300000 
Taler, denen die Jahreseinnahmen trotz der durch den Krieg 
zeitweilig gestörten Wirtschaftsverhältnisse völlig entsprachen. 
Außerdem aber konnte man unter Zuhilfenahme der Kriegsent- 
schädigung an außerordentlichen Ausgaben 12990000 Taler zur 
Verwendung einstellen. Sie dienten zur Erweiterung des Eisen- 
bahnnetzes, zur Errichtung von Justizgebäuden in Leipzig und 
Dresden, zur Errichtung der polytechnischen Schule und Vollendung 
des durch Brand zerstörten Hoftheaters, zur Restauration der 
Albrechtsburg u. a. m.
	        
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