Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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In die Session dieses Landtages fiel am 15. Febr. eine 
ernstliche katarrhalische Erkrankung des Königs, ein Vorbote der 
schweren Leiden, die ihm noch beschieden sein sollten. Diese Un- 
päßlichkeit veranlaßte ihn, die Regentschaft zum zweiten Male 
in die bewährten Hände des Sohnes zu legen, während er selbst, 
sobald sein Zustand und die Witterung es erlaubten, den Süden 
aussuchte. Von seiner Gemahlin begleitet, begab er sich am 10. April 
1872 nach Riva am Gardasee, wo er bis in den Anfang Mai 
verblieb und wieder den freundlichen Musen seine Zeit widmete. 
Allerdings war er eine zu ernste Natur, um nicht auch hier mit 
der Erholung einen ernsteren Zweck zu verbinden. Wie ihn bei 
seinen kriminalistischen Studien die Duellfrage interessiert hatte, 
so nahm ihn fast noch mehr die religiöse Seite der Sache ge- 
fangen, namentlich als die Zeitungen von der Entlassung zweier 
preußischer Offiziere katholischer Konfession aus der Armee wegen 
Verweigerung des Duells gemeldet hatten. In einer zu Riva 
verfaßten Novelle, die er sich dann später auf seinem letzten 
Krankenlager in Bruchstücken wieder vorlesen ließ, suchte er in 
den Schicksalen eines aus gleichem Grunde aus dem Heere ge- 
schiedenen Offiziers, der auf einem neuen Gebiete seine Tüchtig- 
keit und in einer äußerst gefahrvollen Lage doppelt seinen Mut 
bewährt, nachzuweisen, daß nicht in dem durch die gesellschaftliche 
Überlieferung geheiligten Zweikampfe, sondern in rechtzeitiger 
positiver Betätigung moralischer Eigenschaften sich der wahre 
Wert und Mut eines Mannes an den Tag gebe. — Der Aufent- 
halt in Riva hatte erfreulicherweise die gehoffte günstige Wirkung. 
Am 7. Mai verließ das sächsische Königspaar Riva, um sich 
nach Stresa am Lago Maggiore zum Besuch der Tochter, der 
Herzogin von Genua, zu begeben. Nach kurzem Aufenthalte, bis 
zum 10. Mai, reiste man weiter nach dem schon im Vorjahre 
und auch sonst gern aufgesuchten Possenhofen; während des dor- 
tigen Aufenthalts besuchte der König den König Ludwig II. auf 
seinem Schlosse Berg. 
Nach seiner Rückkehr verweilte der König vom 15. Mai an 
in dem ihm aus seiner prinzlichen Zeit her teuren Jahnishausen; 
dann aber siedelte er nach Pillnitz über, wo er unter treulichster
	        
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