Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

wundenen ernstlichen Leidensanfall die Strapazen solcher Festlich— 
keiten nicht ohne Nachwirkung geblieben. Immerhin überstand 
der König den Winter leidlich und konnte am 10. März 1873 
im Beisein seiner Söhne den vierzehnten ordentlichen Landtag 
schließen. Dieser Landtag hatte eine reiche Arbeit, aber auch 
recht stürmische Sitzungen aufzuweisen gehabt. Beide Kammern 
hatten sich zwar einhellig für die Erweiterung des Oberhandels- 
gerichts zu Leipzig zu einem obersten Gerichtshof erklärt. Nur 
die Ausdehnung von dessen Kompetenz über die Handelssachen 
hinaus auf das gesamte Gebiet des Privatrechts fand in der ersten 
Kammer keinen Beifall, ebensowenig freilich damals bei der Majorität 
des Bundesrats. Dann war eine Revision der Städteordnung 
und eine solche der Landgemeindeordnung vorgenommen und eine 
Städteordnung für mittlere und kleinere Städte fertiggestellt wor- 
den. Einen ernsteren Gegenstand des Zwistes bot aber den beiden 
Kammern das von der Regierung vorgelegte Volksschulgesetz. Man 
muß sich hierbei vergegenwärtigen, daß auf diesem Gebiete noch 
immer das wenn auch durch eine Unzahl von Verordnungen 
und Neubestimmungen ergänzte Gesetz von 1835 in Geltung war. 
Die Regierung war sich ihrer Aufgabe, wie dies unter der Staats- 
leitung eines gerade auf diesem Gebiete ganz besonders versierten 
Königs gar nicht anders zu erwarten war, voll bewußt gewesen 
und ihr Entwurf entsprach durchaus den Anforderungen der neuen 
Zeit. Aber während diese Vorlage den radikaleren Elementen 
der zweiten Kammer noch nicht fortschrittlich genug erschien, war 
sie den konservativen Herren der ersten zu liberal, namentlich 
konnten letztere der von jenen verlangten Konfessionslosigkeit der 
Volksschule keinen Beifall abgewinnen. Die von der ersten Kam- 
mer mit dem Gesetze vorgenommenen Abänderungen fanden aber 
wiederum nicht die Zustimmung der anderen Kammer. Das in 
der Verfassung vorgesehene (§§ 91 und 131) und früher charak- 
terisierte Vereinigungsverfahren führte im Januar 1873 zu 
keinem Ergebnisse, so daß auch die gleichzeitig zur Genehmigung 
vorgelegten Synodalbeschlüsse betreffend die neue Kirchenordnung 
und die Verwaltungsentwürfe in Gefahr gerieten. Über die beiden 
letzteren einigten sich zwar die Kammern, aber das Gesetz über
	        
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