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jenem gefährlichen Anfalle wieder, so daß der Kronprinz und
seine Gemahlin in der zweiten Hälfte des August sich nach Wien
zur Eröffnung der Weltausstellung begeben konnten. Ja, am
20. Sept. konnte der König sogar wieder einen Teil der Re-
gierungsgeschäfte übernehmen. Doch vermochte er nicht mehr den
fünfzehnten ordentlichen Landtag in Person zu eröffnen, dessen
Präsidien er wenigstens am 15. Okt. empfing. Die Eröffnung
besorgte an seiner Statt der Kronprinz am 16. Okt. und er-
stattete dem Vater darüber Bericht. Wenige Minuten später trat
eine solche Verschlimmerung der asthmatischen Beschwerden ein,
daß man sich auf das Außerste gefaßt machen mußte; auch der
König war sich über die Hoffnungslosigkeit seines Zustandes klar
und bewies dabei die Seelenruhe und Ergebenheit eines echten
Christen. Aber am 21. Okt. verfiel er gegen Abend in Bewußt-
losigkeit, die am 29. Okt. morgens gegen 5 Uhr in den ewigen
Schlaf überging. An seinem Sterbelager standen die Königinnen
Amalie und Marie, der Kronprinz und Prinz Georg mit ihren Gemah-
linnen und des Königs Tochter, die verwitwete Herzogin von Genua.
Die Stimmung im weiteren deutschen Vaterlande bei dem
Hingange dieses bedeutenden Fürsten gab mit dem Ausdrucke der
eigenen Empfindung Kaiser Wilhelm wieder, als er auf die An-
zeige von dem Tode seines königlichen Freundes an den nun-
mehrigen König Albert telegraphierte: „Eine große, edle Seele
ist erlöst von schweren Leiden. Dir, lieber Albert, fällt die schwere
Bürde des Nachfolgers zu. Möge Dir Gott Kraft und Einsicht
hierzu, wie bisher verleihen! Sprich Deiner guten Mutter Meine
herzlichste Teilnahme bei Eurem schweren Unglücke aus. Das
gleiche tue den Königinnen und Deinem Bruder Georg. Zu den
Beisetzungsseiern hoffe ich in Dresden zu erscheinen.“
Nachdem am Vormittage des 29. Okt. die Minister dem
neuen Könige den Eid der Treue geleistet und dieser seinerseits
im Beisein der Präsidenten des Landtags sich auf die Verfassung
des Landes verpflichtet hatte, erfolgte am Abend des 30. Okt.
in Pillnitz im engsten Familienkreise eine Trauerfeier. Nach
deren Beendigung wurde der Sarg mit dem königlichen Leichnam
unter Fackelbeleuchtung auf den Dampfer „Saxonia“ gebracht