Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Es hatte sich nämlich herausgestellt, daß die Regierung das von den 
Kammern bewilligte Projekt eigenmächtig nachträglich geändert 
hatte, daß Arealenteignungen vorgenommen worden waren, ehe 
die Trace feststand, daß der neue Kostenanschlag von unteren In- 
stanzen ohne Verständigung des Ministeriums aufgestellt und 
diesem erst vorgelegt worden war, als die Bahn zum größten Teil 
fertig gebaut war. Das beweise, wie der Deputationsbericht weiter- 
hin mit Recht urteilte, die völlige Unhaltbarkeit des gegenwärtig 
bei Bahnbauten eingeschlagenen Verfahrens und die durchaus 
ungenügende Kontrolle desselben. Die Deputation erklärte sich 
trotzdem bereit, den Nachtragskredit der Kammer zur Annahme 
zu empfehlen, wenn für die offenbare Verletzung der Verfassung 
um Indemnität nachgesucht werde. Nach einigem Drängen er- 
klärte sich der Finanzminister hierzu bereit. Um so größer war 
die Überraschung und Entrüstung in der Kammer, als drei Tage 
später, am 7. Febr., der Ministerpräsident von Metzsch folgende 
Erklärung abgab: „Gegenüber der im Bericht der Finanzdeputa- 
tion B über Tit. 51 des außerordentlichen Staatshaushaltsetats 
zum Ausdruck gebrachten Ansicht, daß durch Überschreitung der 
von den Kammern für den fraglichen Eisenbahnbau genehmigten 
Bewilligungssummen in solcher Höhe die verfassungsmäßigen Rechte 
der Kammer gewissermaßen illusorisch gemacht würden, und gegen- 
über der darauf gegründeten Schlußfolgerung, daß durch solches 
Verfahren eine Verletzung der Verfassung indiziert erscheine, ist 
bereits bei der geführten Deputationsverhandlung durch die Ver- 
treter des Finanzministeriums ausgesprochen worden, daß die 
Regierung weder anzuerkennen noch zuzugeben vermöge, daß eine 
solche Überschreitung den behaupteten Eingriff in die ständischen 
Rechte in sich trage. — Diesen Standpunkt teilt das Gesamt- 
ministerium nicht nur angesichts des vorliegenden Falles, sondern 
es verallgemeinert die dementsprechende Anschauung bis zu dem 
Grade, daß es in der bloßen, durch ein pflichtwidriges Verhalten 
der verantwortlichen Ratgeber der Krone nicht veranlaßten Über- 
schreitung einer von den Kammern in bestimmter Höhe bewilligten 
Ausgabeposition für ein an sich gebilligtes Unternehmen eine Be- 
einträchtigung der Rechte der Landesvertretung überhaupt nicht
	        
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