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Es hatte sich nämlich herausgestellt, daß die Regierung das von den
Kammern bewilligte Projekt eigenmächtig nachträglich geändert
hatte, daß Arealenteignungen vorgenommen worden waren, ehe
die Trace feststand, daß der neue Kostenanschlag von unteren In-
stanzen ohne Verständigung des Ministeriums aufgestellt und
diesem erst vorgelegt worden war, als die Bahn zum größten Teil
fertig gebaut war. Das beweise, wie der Deputationsbericht weiter-
hin mit Recht urteilte, die völlige Unhaltbarkeit des gegenwärtig
bei Bahnbauten eingeschlagenen Verfahrens und die durchaus
ungenügende Kontrolle desselben. Die Deputation erklärte sich
trotzdem bereit, den Nachtragskredit der Kammer zur Annahme
zu empfehlen, wenn für die offenbare Verletzung der Verfassung
um Indemnität nachgesucht werde. Nach einigem Drängen er-
klärte sich der Finanzminister hierzu bereit. Um so größer war
die Überraschung und Entrüstung in der Kammer, als drei Tage
später, am 7. Febr., der Ministerpräsident von Metzsch folgende
Erklärung abgab: „Gegenüber der im Bericht der Finanzdeputa-
tion B über Tit. 51 des außerordentlichen Staatshaushaltsetats
zum Ausdruck gebrachten Ansicht, daß durch Überschreitung der
von den Kammern für den fraglichen Eisenbahnbau genehmigten
Bewilligungssummen in solcher Höhe die verfassungsmäßigen Rechte
der Kammer gewissermaßen illusorisch gemacht würden, und gegen-
über der darauf gegründeten Schlußfolgerung, daß durch solches
Verfahren eine Verletzung der Verfassung indiziert erscheine, ist
bereits bei der geführten Deputationsverhandlung durch die Ver-
treter des Finanzministeriums ausgesprochen worden, daß die
Regierung weder anzuerkennen noch zuzugeben vermöge, daß eine
solche Überschreitung den behaupteten Eingriff in die ständischen
Rechte in sich trage. — Diesen Standpunkt teilt das Gesamt-
ministerium nicht nur angesichts des vorliegenden Falles, sondern
es verallgemeinert die dementsprechende Anschauung bis zu dem
Grade, daß es in der bloßen, durch ein pflichtwidriges Verhalten
der verantwortlichen Ratgeber der Krone nicht veranlaßten Über-
schreitung einer von den Kammern in bestimmter Höhe bewilligten
Ausgabeposition für ein an sich gebilligtes Unternehmen eine Be-
einträchtigung der Rechte der Landesvertretung überhaupt nicht