Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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1903 angenommen wurde. Das erwähnte Gesetz vom 17. Juli 
1878 brachte zugleich auch die Anordnung der Anstellung von 
Fabrikinspektoren, deren Berichte zum weiteren Ausbau der 
sozialen Gesetzgebung dem Bundesrate und dem Reichstage vor- 
zulegen seien. Sachsen ergänzte für sein Gebiet das Gesetz durch 
eine Ministerialverordnung vom 14. Juni 1900, daß vom 1. Juli 
des Jahres ab weibliche Vertrauenspersonen für die staatliche Ge- 
werbeaufsicht anzustellen seien. 
Aber den Höhepunkt in einer Entwicklung, die, so ganz eigen- 
artig und für andere Staaten vorbildlich, das herrliche Wort bei 
der Kaiserproklamation in Versailles wahr machen sollte: „Uns 
aber und Unsern Nachfolgern an der Kaiserkrone wolle Gott ver- 
leihen, allzeit Mehrer des Deutschen Reichs zu sein, nicht an 
kriegerischen Eroberungen, sondern an Gütern und Gaben des 
Friedens auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und 
Gesittung“ — bildete doch die Kaiserliche Botschaft vom 
17. Nov. 1881, welche Fürst Bismarck zur Eröffnung des neuen 
Reichstags verlas. Das erste der darin verheißenen sozialen Ge- 
setze war das Krankenversicherungsgesetz vom 15. Juni 1883, 
das die Last der Krankenversicherung zwischen Arbeiter und Arbeit- 
geber so verteilt, daß die ersteren zwei Drittel und die letzteren ein 
Drittel der Beiträge zu leisten haben. Es folgte das Unfall- 
versicherungsgesetz vom 6. Juli 1884, welches den Unter- 
nehmern die Kosten der Unfallversicherung allein zuschob, und 
als drittes das Gesetz über die Invaliditäts= und Altersver- 
sicherung vom 22. Juni 1889, das die Versicherungslast zu 
einem Drittel dem Unternehmer, zu einem weiteren Drittel dem 
Arbeiter und zum letzten Drittel dem Reich überträgt. Den Ab- 
schluß bildete das Gewerbegesetz vom 1. Juni 1901, das, weil es 
den Arbeiter vor materiellen und moralischen Schäden zu schützen 
bestimmt ist, auch als Arbeiterschutzgesetz benannt wurde. Daß 
eine so weit ausholende und so umfassende Gesetzgebung in der 
Folgezeit noch mancherlei Anderungen und Ergänzungen bedurfte, 
war nur natürlich; es führte das zu einer Reihe von Gesetzes- 
novellen und bundesrätlicher Verordnungen, auf die hier nur im 
allgemeinen hingewiesen werden kann. Welche Segnungen aber
	        
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