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nach seiner Publizierung ein gewaltiger Sturm der Entrüstung
im sozialdemokratischen Lager über den Frevel der Wahlentrech-
tung. Dem gab besonders die Landesversammlung der sozial-
demokratischen Partei am 7. und 8. April 1896 in Dresden Aus-
druck; doch war man sich über die Stellungnahme noch nicht einig.
Ein Teil, unter Führung des Abgeordneten Dr. Schönlank, ver-
langte als Antwort auf das Attentat der Regierung auf das Wahl-
recht Niederlegung der Mandate seitens der sozialistischen Abge-
ordneten und sah sich hierin von der Berliner Parteileitung unter-
stützt. Sein diesbezüglicher Antrag wurde jedoch von der Ver-
sammlung nach heftiger Diskussion abgelehnt, namentlich die
Dresdener und Chemnitzer Genossen stimmten dagegen, während
die Leipziger dafür waren. Dementsprechend entschied sich
auch dieselbe Versammlung des nächsten Jahres am 20. April
1897 für Beteiligung an den im Oktober bevorstehenden Landtags-
wahlen, wo das neue Wahlgesetz zum ersten Male Anwendung
fand. Einen Erfolg hatten die Sozialdemokraten dabei aller-
dings nicht zu verzeichnen, denn die Ersatzwahlen vom 16. Okt.
1897 brächten 16 Konservative, 11 Nationalliberale und 4 Kom-
promiß-Kandidaten in die Kammer.
Dem am 11. Nov. 1897 vom Könige eröffneten Landtage
lag vor allem die Neuregelung des Vereinsrechtes ob. In der
Reichstagssitzung vom 17. Juni 1896 nämlich hatte der Abge-
ordnete Bassermann den Antrag eingebracht, der dann vom Reichs-
tage angenommen wurde: „Inländische Vereine jeder Art dürfen
miteinander in Verbindung treten. Entgegenstehende landesgesetz-
liche Bestimmungen sind aufgehoben.“ Hierzu hatte dann am
27. Juni 1896 der Reichskanzler Fürst Hohenlohe die Erklärung
abgegeben, daß es in der Absicht der verbündeten Regierungen
liege, das in verschiedenen Bundesstaaten für politische Vereine
geltende Verbot, mit anderen Vereinen in Verbindung zu treten,
außer Wirksamkeit zu setzen. Dies galt auch von der sächsischen
Regierung. Nach 8§§ 24 und 25 des sächsischen Gesetzes, das Vereins-
und Versammlungsrecht betreffend, vom 22. Nov. 1850 durften
Vereine, deren Zweck sich auf öffentliche Angelegenheiten bezieht,
nur dann Zweigvereine bilden und sich mit andern Vereinen in