Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

— 608 — 
ein Torso gebliebenen Geschichte der Literatur des Mittelalters 
im Abendlande. Sein Nachfolger wurde 1890 Adolf Birch- 
Hirschfeld. 
Die Germanistik sah glänzende Tage unter Friedrich 
Zarncke und Rudolf Hildebrand. Zarncke gehörte dem ordent- 
lichen Lehrkörper der Universität schon seit 1858 an. Sein Rektorat 
während des Kriegsjahres 1870/71 zeigte ihn neben dem akade- 
mischen Lehrer auch als vorzüglichen Organisator. Auf seine 
literarischen Leistungen einzugehen ist hier nicht der Ort. Nur einer 
seiner Schöpfungen sei gedacht, des „Literarischen Zentralblattes“, 
das heute schon den 58. Jahrgang zählt und für lange Zeit das 
einzige Tribunal von weiterer Verbreitung für Besprechungen 
aus dem Gebiete des gelehrten Schrifttums war. Als Mensch 
und Lehrer wird Zarncke jedem unvergeßlich bleiben, der das 
Glück hatte, ihm näher zu treten. Nach seinem Tode (gest. 1891) 
trat Ed. Sievers an seine Stelle, auch er als bester Kenner 
der deutschen Verskunst ein über Sachsens Grenzen hinaus be- 
kannter Gelehrter. Rudolf Hildebrand, der nach längerem 
Siechtum 1894 starb, war durch seine originelle Auffassung und 
Lehrweise von großem Einfluß auf seine Zuhörer, denen er, soweit 
sie sich dem Schulamte widmeten, reiche Gaben auf ihren zu- 
künftigen Weg mitgab. In seiner Eigenart konnte er durch nie- 
mand ersetzt werden. Als Vertreter der neueren deutschen Sprache 
und Literatur wurde von Marburg 1898 Albert Köster berufen 
und trat sein Lehramt am 1. April 1899 an. 
Seit den Tagen Gottfried Hermanns hatte die klassische Philo- 
logie in Leipzig keinen hervorragenderen Inhaber ihres Lehr- 
stuhls gesehen als Friedr. Wilhelm Ritschl (geb. 1806). Er kam 
1867 von Bonn nach Leipzig, und dort wie hier scharte er eine 
große Zahl begeisterter Jünger um sich, die noch zu seinen Leb- 
zeiten und späterhin in der akademischen Karriere sich einen Namen 
machten. Einer von ihnen wurde nach Ritschls Tode (gest. 1876) 
Otto Ribbeck, eine scharf kritisch angelegte Natur, nicht ohne manche 
Ecken und Kanten, aber ein durchaus vornehm angelegter Charakter. 
Neben seinen besonders dem Plautus, Virgil und den Resten der 
dramatischen Poesie der Römer gewidmeten eigentlichen philo-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.