Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Revolution sie mit moderner Zeit zu befreunden, gleichzeitig sie 
in seinen privaten Übungen mit den Hilfswissenschaften vertraut 
zu machen, obgleich ihm sein abnehmendes Gehör große Schwierig- 
keiten bereitete. Was dieser vornehme ritterliche Mann unter seine 
elegante Feder nahm, war aus einem Gusse und tadellos; es sei 
nur erinnert an seine „Wiederbelebung des klassischen Altertums“. 
Leider entriß nach längerem Krankenlager den erst 64jährigen 
im Jahre 1891 der Tod seiner ausgezeichneten Wirksamkeit. — 
Es dauerte bis 1877, daß man für die neuere Geschichte einen 
Mann wie Karl von Noorden gewann, dessen pointierte, nervös- 
geistvolle Vortragsweise mit ihren ciceronianischen Perioden seinen 
Hörern gewiß unvergeßlich bleiben wird. Ehe er recht bodenständig 
werden konnte, wurde der vor kurzem erst 50 Jahre Gewordene 
durch den Tod am 25. Dez. 1883 aus seinem Amte abberufen. Er 
war der Begründer des historischen Seminars, einer Musterstätte für 
den arbeitsamen Historiker Leipzigs, namentlich seit dem Neubau — 
und in Leipzig wird im allgemeinen viel und fleißig gearbeitet. Wil- 
helm Maurenbrecher nahm seit 1884 seine Stelle ein, schon 
äußerlich eine vollkommen anders geartete Erscheinung, der neben 
den auf früheren Gebieten, namentlich der Reformationsgeschichte 
liegenden Vorlesungen gern neueste Geschichte mit wuchtiger Be- 
tonung des deutsch-nationalen Elementes zur Geltung brachte. Wer 
erinnert sich nicht nach der Entlassung Bismarcks seiner öffentlichen 
Vorträge, die ihm eine große Popularität eintrugen. Auch ihm schnitt 
schon nach nur achtjähriger Tätigkeit die Parze den Faden (gest. 
7. Nov. 1892). An seiner Statt las Erich Marcks von 1894 
bis 1901, wo er nach Heidelberg ging (neuerdings nach Hamburg 
berufen) neuere Geschichte. Schon vor diesem war die Universität seit 
1890 durch Karl Lamprecht bereichert worden, der sich freilich mit 
den eben Genannten nicht in eine Linie stellen läßt; denn für ihn ist 
das Individuelle doch nur die zur gegebenen Zeit emporschießende 
Blüte aus dem großen Ackerboden der Kulturgeschichte und der 
Völkerentwicklung mit ihren wirtschaftlichen und sozialpsychischen 
Erscheinungen und Bewegkräften. In ganz anderer stiller Arbeit 
wirkte Wilhelm Arndt, dessen Zentrum in seiner Tätigkeit für die 
Monumenta Germaniae lag; in seiner Abteilung im historischen
	        
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