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nehmer einprägte, daß der greise König den Landtag in Person
eröffnete und der Freude Ausdruck gab, daß ihm noch in seinem
hohen Alter vergönnt sei, im Verein mit dieser Versammlung
für das Wohl des Landes arbeiten zu können. Es wirkte dies
um so mehr, als diese Worte nicht die eigentliche Thronrede
bedeuten sollten; diese wurde dann mit ihrem reichen Pro-
gramm von Bernhard von Lindenau verlesen. Ein merkwürdiges
Charakteristikum der neuen Kammern war das Fehlen jeder Partei-
bildung, das Prinz Johann am Ende der Session als einen Vor-
zug rühmend hervorhob. Allerdings fand sich als Vertreter des
aus Frankreich importierten Liberalismus, der sich an allgemeinen
Phrasen und Ideen ergötzte, der „Bienenvater“ Richter in der
Kammer, der sein geistliches Amt zugunsten seines nun zur Drohne
sich umwandelnden Blättchens niedergelegt hatte und dann bald
nach Amerika auswanderte; ihm standen in gleicher Richtung zur
Seite ein Amtsgenosse, der Pfarrer Axt aus Oberwiesental und der
Stadtrichter Haußner aus Pirna. Wenn man sich anfangs noch
nicht über eine Geschäftsordnung klar wurde in diesem Zeitalter
politischer und anderer Unklarheiten überhaupt, so konnte man
sich mit dem Bundestag in Frankfurt a./M. trösten, der eine
solche erst im Jahre 1854 sich bescherte, obwohl er um eine reich-
liche Mandel Jahre älter war. Die Offentlichkeit war sehr
beschränkt; von Zeitungsberichterstattern hatten nur die Vertreter
der Leipziger Zeitung und des Landtagsblatts und auch nur zur
zweiten Kammer Zutritt.
Die Einführung der indirekten Besteuerung, die in sich die
Beseitigung der Steuerfreiheit von Verzehrsartikeln für gewisse
bevorzugte Kreise schloß, nahm den Landtag bis zur Beendigung
der Session in Anspruch. Es hing damit zusammen, daß die ver-
schiedenen Steuersysteme in der Lausitz, den Erblanden, den Rezeß-
und den Wildenfelsschen Herrschaften aufhörten, was dann auch
nach den üblichen Vorbehalten und langstieligen Erörterungen
durchgeführt wurde. Hand in Hand ging damit die schon so lange
gewünschte Aufstellung eines Budgets und die nunmehr uner-
läßliche Zentralisation des Finanzwesens; es vereinigten sich
unter Oberaufsicht des Finanzministeriums, das bei der ganzen