Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Charakterzug. Wohl nirgends im Deutschen Reiche wird so viel 
musiziert und ist Musik so Gemeingut aller Volksklassen geworden, 
wie in Sachsen. Dementsprechend erwuchs auch eine bedeutende In- 
dustrie für Musikinstrumente aller Art. Leipzig und Dresden 
sind für Pianofortefabrikation auch über Sachsens Grenzen hinaus 
maßgebend. Ein Blüthner-Flügel ist das Ideal der klavierspielen- 
den Welt. Das früher gebrauchte tafelförmige Klavier wurde in 
den letzten Jahrzehnten völlig von dem als Möbelstück besser 
unterzubringenden Pianino ersetzt und dieses bildete von da an 
den Hauptzweig der ganzen Fabrikation. Bald entstanden auch 
Fabriken zur Herstellung einzelner Bestandteile des Piano- 
fortes. Die Fabrikation aber von anderen Musikinstrumenten 
ist schon seit Kurfürst Augusts Zeiten in Markneukirchen 
und Umgebung, seit dem dreißigjährigen Kriege, durch böh- 
mische Exulanten eingeführt, auch in Klingenthal heimisch, in 
welch letzterem Orte auch eine Musikschule von der Regierung be- 
gründet worden ist. Der älteste und ursprünglichste Artikel dieses 
Industriezweiges waren zu Klingenthal die Mundharmonikas. Seit 
Anfang der fünfziger Jahre wurden auch Ziehharmonikas in 
jeder Preislage und Größe fabriziert, weiterhin traten Dreh- 
orgeln und Spicluhren hinzu. In Markneukirchen aber werden 
außer Klavier und Orgel alle denkbaren Musikinstrumente an- 
gefertigt, nicht nur für den heimischen Bedarf, sondern der 
Orient und der Süden Europas bezieht von hier seine Gitarren, 
Lauten und Mandolinen, Südamerika seine Violas, der Neger Nord- 
amerikas seinen Banjo. Außer diesen Saiteninstrumenten werden 
aber auch alle Blas= und Schlag= und Ziehinstrumente verfertigt, 
wobei die strengste Arbeitsteilung herrscht. Das gilt besonders 
von der Geigen= und Baßmacherei, wo Bogen, Griffbretter, Saiten- 
halter, Wirbel, Stege usw. von verschiedenen Arbeitern und meist 
auch an verschiedenen Orten verfertigt werden, in noch höherem 
Grade von der Harmonikafabrikation, wo für jedes größere Stück 
zwanzig und mehr Arbeiter nötig sind. Auf diese Weise wird 
ein niedrigerer Preis ermöglicht, obzwar dieser bei billigeren 
Arbeitskräften von dem böhmischen Graslitz noch unterboten wird. 
Hand in Hand mit der Instrumentenfabrikation geht die der Saiten.
	        
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