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Gestörten nicht mehr in privater oder örtlicher Pflege zu halten,
sondern in einer Staatsanstalt unterzubringen. Bei der zu—
nehmenden Nervosität unseres Zeitalters, die sich naturgemäß
da noch stärker entwickelt, wo die Menschen dichter beieinander
wohnen und damit der Kampf ums Dasein mit entprechend größerer
Heftigkeit geführt wird, war es immerhin zu verwundern, daß die
Zahl der Geisteskranken sich noch in einem im Verhältnis zum
Anwachsen der Bevölkerung erträglichen Prozentsatze bewegte.
Während letztere von 1875—1895 um 37,2 Proz. zunahm, wuchs
die der Geisteskranken um 40,6 Proz. Es wurden aber in den
Landesanstalten 1875 2574 Kranke, d. i. 42 Proz., 1895 dagegen
1598 oder 53,3 Proz. aller Kranken verpflegt, während die der Zahl
nach am meisten vertretene Quote der in Familien untergebrachten
Irren im gleichen Zeitraume von 48,6 auf 32,9 Proz. sank.
Im Jahre 1873 bestanden in Sachsen drei Irrenanstalten,
die 1811 auf dem Sonnenstein bei Dresden begründete, für heil-
oder besserbare Kranke, die zu Colditz 1829 errichtete für unheil-
bare männliche und endlich die zu Hubertusburg seit 1850 be-
stehende für unheilbare weibliche Irre. Die Fortschritte der
Psychiatrie ließen es aber für rätlicher erscheinen, statt der Kaser-
nierung der Irren es mit einer weniger zentralisierten Methode
unter Zuhilfenahme ländlicher Beschäftigung der Kranken zu ver-
suchen. Solche landwirtschaftliche Filialen wurden 1868 für Col-
ditz zu Zschadraß, für Hubertusburg 1870 zu Reckwitz angelegt,
zu welch letzterer 1887 noch Liptitz trat. Auch für den Sonnen-
stein wurde 1886 eine Meierei zu Cunnersdorf und eine zweite
im Jahre darauf zu Jessen eingerichtet. Zu den bisher genannten
Anstalten trat nun im Jahre 1874 noch Hochweitzschen bei Döbeln
für solche Irre, die noch wegen sonstigen Siechtums in Pflege
genommen werden mußten. Indem nun aber die Staatsregierung
dauernd die Fortschritte der Wissenschaft auf diesem Gebiete im
Auge behielt, kam sie auf die Notwendigkeit zu, durchgreifende
Anderungen, die sich auch durch vergrößerte Bautätigkeit aus-
drückten, vorzunehmen. Es geschah dies in den Jahren 1890—95,
und es ist ganz besonders zu rühmen, daß die Stände in dieser
Richtung niemals gekargt haben. Im Zusammenhange damit