Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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außer dem Präsidenten bei den Disziplinarkammern und bei dem 
Disziplinarsenate mitwirkenden Richter und deren Stellvertreter, 
ebenso die dem Disziplinarhofe angehörigen drei Landgerichts- 
präsidenten werden für jedes Geschäftsjahr vom König ernannt. 
Dasselbe Richterdienstgesetz vom 20. März 1880 ordnete die 
Disziplinargewalt über die Notare. Deren Berufskreis war 
schon 1859 näher bestimmt worden; doch bot damals die Art der 
Erlangung des Notariats keine besondere Bürgschaften für ge- 
wissenhafte Ausübung des Amtes. 1892 erfolgte eine völlige 
Neuordnung des Notariatswesens in Sachsen, indem von nun an 
nur noch Rechtsanwälten, und zwar auch unter diesen nur den 
schon länger in Praxis stehenden, das Notariat anvertraut wurde. 
Durch Landesgesetz vom 15. Juni 1900 wurden auch für Notare 
Disziplinargerichte im Anschluß an die Landgerichte eingeführt; 
bei diesen bestehen Disziplinarkammern unter dem Präsidenten 
des Landgerichts, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtsssitz 
hat, und zwei Notaren des Bezirks als Beisitzern. Über diesem 
steht ein Disziplinarhof, zusammengesetzt aus dem Präsidenten 
des Oberlandesgerichts, einem Senatspräsidenten oder einem Rate 
desselben Gerichts und drei Notaren. Auch hier ernennt der 
König die zu Mitgliedern berufenen Notare und ihre Stellver- 
treter, und zwar auf drei Geschäftsjahre. — Für die Stellung 
und Tätigkeit der Rechtsanwälte traf für das ganze Reich 
die ebenfalls am 1. Okt. 1879 in Kraft tretende Rechtsanwalts- 
ordnung die nötigen Bestimmungen und unterstellte sie der Diszi- 
plin der Rechtsanwaltskammern. Jene Ordnung löste die seit 
1859 bestehende Advokatenordnung ab. Beide Gesetze beruhten 
auf dem Grundsatze der freien Advokatur, doch beschränkte die 
Ordnung des Reichs den Rechtsanwalt auf ein bestimmtes Ge- 
richt, erst das Amtsgericht, dann das Landgericht usw., und zwang 
ihn, am Orte des Gerichtes seinen Wohnsitz zu nehmen. 
Zur Entlastung der eigentlichen Gerichtstätigkeit haben Reichs- 
und Landesgesetzgebung sich gegenseitig ergänzend gewirkt. So 
brachten zwei Verordnungen des sächsischen Justizministeriums 
vom 14. Mai und 16. Aug. 1879 das Institut der Friedens- 
richter, welche als Vergleichsbehörde für die in Beleidigungs-
	        
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