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außer dem Präsidenten bei den Disziplinarkammern und bei dem
Disziplinarsenate mitwirkenden Richter und deren Stellvertreter,
ebenso die dem Disziplinarhofe angehörigen drei Landgerichts-
präsidenten werden für jedes Geschäftsjahr vom König ernannt.
Dasselbe Richterdienstgesetz vom 20. März 1880 ordnete die
Disziplinargewalt über die Notare. Deren Berufskreis war
schon 1859 näher bestimmt worden; doch bot damals die Art der
Erlangung des Notariats keine besondere Bürgschaften für ge-
wissenhafte Ausübung des Amtes. 1892 erfolgte eine völlige
Neuordnung des Notariatswesens in Sachsen, indem von nun an
nur noch Rechtsanwälten, und zwar auch unter diesen nur den
schon länger in Praxis stehenden, das Notariat anvertraut wurde.
Durch Landesgesetz vom 15. Juni 1900 wurden auch für Notare
Disziplinargerichte im Anschluß an die Landgerichte eingeführt;
bei diesen bestehen Disziplinarkammern unter dem Präsidenten
des Landgerichts, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtsssitz
hat, und zwei Notaren des Bezirks als Beisitzern. Über diesem
steht ein Disziplinarhof, zusammengesetzt aus dem Präsidenten
des Oberlandesgerichts, einem Senatspräsidenten oder einem Rate
desselben Gerichts und drei Notaren. Auch hier ernennt der
König die zu Mitgliedern berufenen Notare und ihre Stellver-
treter, und zwar auf drei Geschäftsjahre. — Für die Stellung
und Tätigkeit der Rechtsanwälte traf für das ganze Reich
die ebenfalls am 1. Okt. 1879 in Kraft tretende Rechtsanwalts-
ordnung die nötigen Bestimmungen und unterstellte sie der Diszi-
plin der Rechtsanwaltskammern. Jene Ordnung löste die seit
1859 bestehende Advokatenordnung ab. Beide Gesetze beruhten
auf dem Grundsatze der freien Advokatur, doch beschränkte die
Ordnung des Reichs den Rechtsanwalt auf ein bestimmtes Ge-
richt, erst das Amtsgericht, dann das Landgericht usw., und zwang
ihn, am Orte des Gerichtes seinen Wohnsitz zu nehmen.
Zur Entlastung der eigentlichen Gerichtstätigkeit haben Reichs-
und Landesgesetzgebung sich gegenseitig ergänzend gewirkt. So
brachten zwei Verordnungen des sächsischen Justizministeriums
vom 14. Mai und 16. Aug. 1879 das Institut der Friedens-
richter, welche als Vergleichsbehörde für die in Beleidigungs-