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die finanziellen Beziehungen zum neuen Reiche leiden. Artikel 70
der Reichsverfassung besagt, daß die Mittel zur Bestreitung aller
gemeinschaftlichen Ausgaben, insoweit diese durch die ordentlichen
Einnahmen des Reiches nicht gedeckt werden, durch Beiträge der
einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung auf-
zubringen sind. Daraus entsprang die Einrichtung der soge-
nannten Matrikularbeiträge, die durch das Zolltarifgesetz vom
15. Juli 1879, § 6, zu einer dauernden Einrichtung gemacht
wurden.
In dieses Gesetz wurde der Antrag des Zentrumsabgeordneten
von Franckenstein ausgenommen, die sog. Franckensteinsche Klausel,
welche besagt, daß von allen Erträgnissen der Zölle und der
Tabaksteuer (seit 1. Okt. 1897 auch der Branntweinsteuer) nur
130 Millionen Mark an das Reich fallen, der etwaige Uberschuß
aber den Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerungsziffer
zufließen sollte. Man sieht ohne weiteres ein, wie stark Sachsen
gerade mit seiner übernormal starken Bevölkerung auf der einen
Seite von dem Franckensteinschen Paragraphen Vorteil ziehen
durfte, wenn die Finanzlage des Reiches befriedigend war, wie
sich dann aber in schlechten Jahren die Zubuße um so empfindlicher
gestalten mußte. Ferner ist klar, daß eine irgendwie sichere Etats-
aufstellung gegenüber den daraus resultierenden Schwankungen
zur Unmöglichkeit werden mußte. Beispielsweise betrugen in der
ersten der Annahme der Franckensteinschen Klausel folgenden
Periode 1881 die Uberweisungen vom Reich an Sachsen. 5 964 000
Mark, der von Sachsen eingeforderte Matrikularbeitrag aber
9545 000, die sächsische Zubuße also 3 851 000 Mark. In der
Periode 1882/83 hielten sich beide Posten ungefähr das Gleich-
gewicht, nämlich 10 699 000 Überweisungen gegen 10 826 000 Ma-
trikularumlage, also Zubuße nur 127000 Mark. Dagegen waren
1888/89 und 1890/91 fette Perioden, sie brachten Überweisungs-
überschüsse in Beträgen von 10 883 000 und 11 230 000 Mark;
diese sanken dann 1894/95 auf 882 000, 1898/99 gar auf 139000
Mark. Diese Schwankungen führten seit der Periode 1896/97
zur Bildung eines Ausgleichsfonds, der aber schließlich auch den
wachsenden Anforderungen nicht mehr genügte. Nachdem darin