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sondern die ganze Haltung der Bevölkerung bewies sie. Nach
der Parade am 6. Sept. bewegte sich ein Fackelzug nach dem
Königlichen Schlosse, der mindestens 12000 Teilnehmer einschloß.
Und dabei muß man sich daran erinnern, daß der Kaiser
noch vor wenigen Wochen, gelegentlich der noch weiterhin zu er-
wähnenden 800jährigen Wettinfeier Dresden besucht hatte und
Gegenstand herzlichst gemeinter Ovationen gewesen war.
Noch manche gemeinsame Freude und manch gemeinsames
Leid hatten König Albert und Kaiser Wilhelm zu tragen. Am
7. Januar 1890 folgte dem Gemahl die Kaiserin Augusta nach,
die am 30. Sept. 1889 das 78. Lebensjahr vollendet hatte. Auch
sie war bekanntlich eine Wettinerin, Tochter Karl Friedrichs von
Sachsen-Weimar und Enkelin Karl Augusts von Weimar, des
Musenfreundes, der ebenso wie Goethe, die hochbegabte Prin-
zessin noch zur blühenden Jungfrau heranwachsen sah. Am
11. Juni 1829 hatte sie dem damaligen Prinzen Wilhelm von
Preußen die Hand zum ehelichen Bunde gereicht, und zur Feier
der goldenen Hochzeit war am 11. Juni 1879 auch König Albert
in Berlin erschienen. Nun folgte er mit ihrem Enkel dem Sarge
nach dem Charlottenburger Mausoleum. Eine Feierlichkeit ferner
von hoher wirtschaftlicher und strategischer Bedeutung führte
König Albert und den Prinzen Georg am 19. Juni 1895
nach dem Norden zur Eröffnung des NordOstsee-Kanals,
zu dem am 3. Juni 1887 der Grundstein gelegt worden
war. Nachdem am 20. Juni Kaiser Wilhelm und mit und
nach ihm die Fürstlichkeiten den Kanal von Hamburg aus nach
dem Kieler Hafen passiert hatten, und am Abend dieses Tages
in der Marineakademie zu Kiel ein großer Ball stattgefunden hatte,
vollzog der Kaiser am 21. Juni die Schlußsteinlegung mit den
Worten: „Zum Andenken an Kaiser Wilhelm den Großen, zum
Ruhme des Reichs taufe Ich dich Kaiser-Wilhelm-Kanal.“ Das
Andenken an den großen Kaiser wurde aber in besonders
festlicher Weise wieder aufgefrischt durch die vom 21. bis 23. März
1897 dauernde Jahrhundertfeier seines Geburtstages. Wie im
ganzen deutschen Volke so wurde dieses schöne Erinnerungsfest
auch in Sachsen mit hoher Begeisterung begangen. Am 22. März