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Mannheim, wo sie als heranwachsende Prinzessin oft bei ihrer
hochverehrten Großmutter, der Großherzogin-Witwe Stephanie —
bekanntlich einer Adoptivtochter Kaiser Napoleons I. — zu Besuch
weilte, zum Andenken an ihre am 19. Juli 1854 verstorbene
Mutter Siechenhäuser, die den Namen Louisenheim führen.
Es ist ferner bekannt, wie die Königin durch allerhand fest-
liche Veranstaltungen, Ausstellungen, Basare, Konzerte, Bälle,
Theateraufführungen u. dgl., entweder in eigener Regie oder als
gern spendende Teilnehmerin wohltätige Zwecke zu fördern immer
bestrebt war. Wieviel Ansprüche ferner das Weihnachtsfest nicht
nur an ihre Kasse, sondern auch an ihre Arbeitskraft stellte, davon
können die Dresdener Armen reichlich Zeugnis legen. Denn so-
lange es ihre, leider oftmals gestörte Gesundheit gestattete, legte
sie gern bei solchen Werken der Liebe selbst Hand an. Eine kleine,
gut verbürgte Erzählung, die das treffend illustriert, gibt ihr
Biograph der Oberst z. D. Schimpff: „Wieviele Frauenhemden
können aus einem Ballen Leinwand hergestellt werden?“ fragte
sie eines Tages eine in solchen Sachen wohlerfahrene Dame. Als
diese ihr die ihrer Praxis entsprechende Zahl angab, sagte die
Königin lachend: „Sehen Sie, da bin ich doch sparsamer als Sie;
ich habe reichlich eins mehr herausgeschnitten.“ Und auf die von
jemand einmal gemachte Bemerkung, daß das von ihr für Weih-
nachtsbescherungen so viel geübte Häkelwerk auf die Dauer ge-
sundheitsschädlich wirke, entgegnete die gutherzige Fürstin: „Sie
glauben aber auch nicht, was alles noch bis Weihnachten fertig
werden muß. Sie wissen gar nicht, wie viele meiner lieben alten
Mütterchen auf eine Kleinigkeit von mir rechnen.“ — Mit den
zunehmenden Jahren und abnehmenden Kräften mußte Königin
Carola freilich viele der vorerwähnten Obliegenheiten auf jüngere
Schultern, namentlich auf die der Prinzessin Mathilde und der
Prinzessin Johann Georg abwälzen. — —
Wie im eigenen Hause das Jahr 1878 dem königlichen Paare
das erwähnte frohe Fest brachte, so ließ es die königliche Familie
auch an dem 25 jährigen Regierungsjubiläum des Großherzogs
Karl Alexander am 9. und 10. Juli teilnehmen. Das Oberhaupt
der ernestinischen Linie war immer bestrebt gewesen, die von seinem