Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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vom 26. Mai bis 2. Juni etwas länger und genoß dann 
ziemlich regelmäßig jedes Jahr im Mai den Frühling dort, kam 
wohl auch Ende Oktober zur Jagd oft genug dorthin. Auch hier 
empfand die Umgegend alsbald, welch eine gütige und wohltätige 
Fürstin als neue Gutsherrin in Sibyllenort eingezogen sei. 
Am 15. Juni 1885 starb Prinz Friedrich Karl, der einstige 
Studiengenosse des Königs, dann sein Gegner auf den böhmischen 
Schlachtfeldern und endlich sein wirklicher „Kommilitone“, d. h. 
Kampfgenosse, in den Kämpfen gegen Frankreich. Selbstverständ- 
lich nahm König Albert teil an der in der Friedenskirche zu Pots- 
dam auf den 18. Juni angesetzten Einsegnung der sterblichen 
Überreste. Als er aber am 17. Juni nach Berlin kam und dort 
vom Kronprinzen Friedrich Wilhelm vom Bahnhofe abgeholt 
wurde, gingen auf dem Wege zum königlichen Schlosse die Pferde 
durch und jagten in wildem Laufe die Linden hinab. Hierbei 
brach die Deichsel und die aufgeregten Tiere konnten zum Still- 
stand gebracht werden, ohne daß glücklicherweise den beiden Insassen 
des Wagens ein Schaden zugestoßen wäre. Einen ganz ähnlichen 
Unfall hatte übrigens der König gehabt, als er mit seiner Ge- 
mahlin und Prinz Georg, einer Einladung Kaiser Wilhelms I. 
folgend, vom 8. bis 10. Dez. 1876 in Berlin weilte. Es 
brach nämlich in der Nähe des königlichen Schlosses die Achse 
des Galawagens, in dem König Albert gerade fuhr; auch 
hier wurde er vor irgendwelchem Schaden behütet. Bald nach der 
Rückkehr des Königs aus Berlin im Jahre 1885 rüstete sich die 
Residenz zum Empfang der deutschen Turner, die dort ihr sechstes 
allgemeines Turnfest vom 16. bis 19. Juli begingen. Ganz wie 1863 
zu Leipzig, wurden auch diesmal die österreichischen Turner mit 
besonderer Herzlichkeit empfangen, denn schon gingen damals die 
Wogen des Nationalitätenkampfes in Osterreich hoch, und Bis- 
marckfeiern der Deutsch-Osterreicher konnten in Szene gesetzt und 
von der Regierung verboten werden. Auch in Dresden fehlte es 
nicht an einem kleinen Mißklange: der Festausschuß ließ einen Kranz 
mit den ungarischen Farben, den ungarische Turner eigenmächtig 
an die Rednertribüne befestigt hatten, mit Fug und Recht ent- 
fernen. Doch warnte angesichts der politischen Beziehungen, die 
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