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das Deutsche Reich mit dem österreichischen Gesamtstaate ver-
banden, die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ recht energisch
vor Umtrieben, die höchstens dazu geeignet seien, „den Gegnern
des österreichisch-deutschen Bündnisses einige Stunden angenehmer
Täuschung zu bereiten“. — Sonst jedoch verlief das Fest durchaus
ungetrübt und wurde besonders verschönt durch den Besuch
des Königspaares am Nachmittag des 19. Juli auf dem Fest-
platze, nachdem es schon vorher den Einzug der Turner vom
Balkon des Schlosses aus mitangesehen hatte.
Des Trauerjahres 1888, das dem Reiche zwei Kaiser raubte,
ist schon oft genug Erwähnung getan worden. Ergänzend darf
vielleicht hinzugefügt werden, daß König Albert, einem schön-
menschlichen Zuge seines Herzens folgend, am 17. März 1888,
am Tage nach der feierlichen Beisetzung Kaiser Wilhelms I.,
auch dem todkranken Nachfolger in Charlottenburg seinen Besuch
abstattete. Wir erinnern uns dabei der Worte Kaiser Wilhelms II.,
daß sein verstorbener Vater ihn König Albert besonders ans Herz
gelegt habe mit der Bitte, für ihn zu sorgen, wenn ihn einmal
etwas Menschliches träfe. Zwei Tage nach dem Besuche König
Alberts unterzeichnete am 19. März Kaiser Friedrich III. das
wichtige, vom Reichstag am 9. Febr., vom Bundestag am 23. Febr.
genehmigte Gesetz über die den Reichstag und seine Tätigkeit be-
treffende Verfassungsänderung, daß die dreijährige Legislatur-
periode des Reichstages in eine fünfjährige umgewandelt werden
solle. Diese ÄAnderung entsprach völlig den Ansichten König
Alberts und des überwiegenden Teiles seines sächsischen Volkes,
das der allzuoft wiederkehrenden Reichstagswahlen mit ihrem sich
immer mehr häufenden Wahlschmutz gründlich überdrüssig war
und in den Wahlen zum Reichstag im Februar 1887 seinen staats-
und reichserhaltenden Charakter glänzend an den Tag gelegt hatte.
Ein Jahr von hoher Bedeutung für die Geschichte des Sachsen-
landes war 1889. Denn 800 Jahre waren vergangen, seit mit
Heinrich von Eilenburg zuerst ein Mitglied des Wettinischen
Hauses als Markgraf von Meißen erscheint. Der Beginn der
Gedenkfeier dieses Ereignisses war auf den 15. Juni festgesetzt
worden. An diesem Tage, einem Sonnabend, nahm König Albert