Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

gewinnen und erklärten sich bereit, das nötige Kapital durch Be- 
gründung einer Aktiengesellschaft aufzubringen. List meinte, mit 
höchstens einer Million die Sache bewerkstelligen zu können, man 
legte aber vorsichtigerweise für 1½ Million Taler Aktien auf, 
für damals eine unerhörte Summe, die man dann aber noch 
zweimal erneuern mußte; aber „Zwillinge“ und „Drillinge“ fan- 
den doch ihre Käufer, die es dann nicht zu bereuen hatten. 
Mit geschickter Hand zog List durch einen feurigen Aufruf zur 
Beteiligung an dieser „Nationalangelegenheit“ das breitere Publi- 
kum und die öffentliche Meinung heran, veranstaltete Versamm- 
lungen, gab fortlaufende Berichte von dem Fortgange des 
Werkes u. dgl. Von höchster Bedeutung aber war das freund- 
liche Entgegenkommen der sächsischen Regierung, die ohne wei- 
teres auf die eingereichten Pläne einging, und dann vor allem 
durch ein einsichtsvolles Enteignungsgesetz die Möglichkeit zur 
Erwerbung des nötigen Baugeländes schuf, wobei teils mit Hab- 
sucht, teils mit Dummheit, teils mit Niedertracht zu kämpfen 
war. Dem damaligen Kreisdirektor von Falkenstein gebührt dabei 
der Ruhm, der Regierung die Listschen Anträge empfohlen zu 
haben. Nach Lists Ansicht sollte die kürzeste Richtung über 
Grimma und Meißen genommen werden. Der zur Begutachtung 
des Planes herangezogene englische Ingenieur Sir James 
Walker — man war ja auf England für diese Technik damals 
angewiesen, als auf das erste Land mit Eisenbahnen — machte 
auf die Schwierigkeiten des auf dieser Strecke meist gebirgigen 
Geländes aufmerksam, und so wählte man den technisch ein- 
facheren Weg über Wurzen und Riesa. Dann begann 1836 der 
Bau unter der Oberleitung des als königlichen Wasserbaudirektors 
hochverdienten Hauptmanns Kunz. 
Es ging ja anfangs langsam und damit schienen die Zweifler 
und Spötter Recht zu behalten. Erst am 24. April 1837 wurde 
die erste kleine Strecke nach dem zwei Stunden von Leipzig ent- 
fernten Dorfe Althen eröffnet, wohin nun täglich viele Züge ab- 
gingen mit neugierigen und vergnügungssüchtigen Leipzigern, die 
dort in einem neuerbauten „Salon“ ein Schälchen Kaffee tranken. 
Im Mai 1838 war der Erdeinschnitt bei Machern überwunden, der
	        
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