Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

737 — 
sagen, daß König Albert mit vollem Bewußtsein sich als paritä- 
tischen Herrscher fühlte, wenngleich er von Überzeugung ein guter 
Katholik war und als solcher das Trennende schmerzlich empfand. 
Am Tage nach der gewaltig Deutschland und Sachsen durchbrausen- 
den Lutherfeier des Jahres 1883 sagte er zu einem seiner Minister 
bekümmert: „Ich konnte gestern nicht mit meinem Volke beten; 
da bin ich auf die Jagd gegangen!“ Sonst nahm er jedoch bei 
festlichen Gelegenheiten unbefangen am evangelischen Gottesdienste 
teil, wic er auch den Vorlesungen der protestantischen Professoren der 
Theologie anwohnte und mit hochgestellten evangelischen Geistlichen 
des Landes in ungezwungener Freundschaftlichkeit verkehrte. Auch 
hier darf wieder ein kleiner charakteristischer Zug eingefügt werden, 
der mehr besagt als längere Auseinandersetzungen. Als König 
Albert die 1887 fertiggestellte Martin-Luther-Kirche in Dresden- 
Neustadt bald nach ihrer Einweihung besuchte, wollte ihn der 
Pfarrer ohne weitere Bemerkung an dem Medaillonbildnis des 
Reformators auf dem Altarplatze vorüberführen; der König aber 
blieb stehen, betrachtete das Bild aufmerksam und sagte: „Das 
ist ja ein wohlgetroffenes Bild des Doktor Martinus.“ Es ver- 
dient fernerhin die wohl kaum in weitere Kreise gedrungene Tat- 
sache Hervorhebung, daß König Albert 1889 die Kapelle des könig- 
lichen Jagdschlosses Moritzburg der Ortsgemeinde Eisenberg zur 
Abhaltung regelmäßiger Gottesdienste überließ; infolgedessen fand 
in dieser, die 1699 August der Starke durch den Jesuitenpater 
Vota als erste katholische Kultstätte in dem Sachsen der Refor- 
matoin hatte einweihen lassen, am 10. Nov. 1889, also am Luther- 
tage, nach 190 Jahren zum ersten Male wieder evangelischer 
Gottesdienst statt. — Daß König Albert, übrigens gegen die An- 
sichten einiger Mitglieder seiner nächsten Umgebung, der Teil- 
nahme evangelischer Offiziere, Kadetten und Soldaten an den 
katholischen Kirchenfesten des Hofes durch Verfügung vom 7. Juni 
1900 ein Ende machte, ist an anderer Stelle schon erwähnt worden. 
— All dem bislang Mitgeteilten entsprechend, konnten spätere 
Versuche des Prinzen Max, der in der Schweiz an der Universität 
Freiburg eine Professur für kanonisches Recht und katholische 
Liturgie angenommen hatte, in seinem früheren Heimatlande Pro- 
Sturmhoesel, Geschichte der sächsischen Lande. II. 47
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.