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Armee fortleben, solange deutsche Herzen schlagen,“ so traf auch
der „Reichsanzeiger“ in seinem Nachrufe das Richtige, wenn
er schrieb: „König Albert gehört für immer zu den heroischen
Gestalten, die am Eingang der durch ihr Wirken heraufgeführten
neuen Epoche des deutschen Lebens stehen. Ebenbürtig den be-
rühmtesten Führern des großen Krieges verknüpfte der könig-
liche Feldmarschall seinen Namen mit den Erfolgen, die zu den
schönsten Waffentaten des einigen Deutschland gehören. Nicht
minder brachte er im Frieden als weiser und gerechter Landesherr
sein Königreich zu hoher Blüte. Reich gesegnet war sein Alter,
und allen Patrioten galt es als liebgewordene Vorstellung, daß
diesem ehrwürdigen Könige die gleiche Lebensdauer beschieden sein
möchte, wie seinem Waffenbruder Wilhelm dem Großen. Be-
wegten Herzens trauert der Kaiser um seinen väterlichen Freund,
die Nation um den Helden und König, in dem große Erinnerungen
ihrer Geschichte sich verkörperten. — — —
So bestieg König Georg im fast vollendeten 70. Lebens-
jahre den sächsischen Thron, auf den er wohl nie den Blick ge-
lenkt hatte. Von Sibyllenort aus richtete er am 21. Juni an
sein sächsisches Volk eine Proklamation, die seiner Stimmung
bei Übernahme dieser nicht vorauszusehenden schweren Aufgabe
entsprechenden Ausdruck gab: „Tieftrauernd stehe Ich, stehen wir
alle an der Totenbahre des edelsten und besten Fürsten, der nicht
nur für uns ein Beispiel im Frieden wie im Kriege war, sondern
auch ein Landesvater in des Wortes vollster Bedeutung. Zagend
ergreife Ich die Zügel der Regierung, denn eines solchen Fürsten
Nachfolger zu sein ist schwer — zagend, aber auch mit festem
Vertrauen auf Gottes Beistand und auf die Liebe Meiner Sachsen;
denn wie Ich gelobe, immer im Sinne und Geiste Meines ver-
ewigten Bruders Meines Amtes zu walten, so bin Ich auch der
festen Zuversicht, daß Mein Volk, das Mich ja kennt, die Liebe,
die es dem teueren Entschlafenen gewidmet hat, auch auf Mich
übertragen wird.“
Das waren Worte, die aus dem Herzen kamen und zum
Herzen hätten gehen sollen. Aber es lag ein trüber Irrtum in
dieser Beziehung über dem Regierungsantritte König Georgs,