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der Prinz mit seiner jungen Gemahlin und begleitet von deren
Bruder zur See, da sich der Landweg wegen des gerade aus-
gebrochenen französisch -italienisch-österreichischen Krieges nicht
empfahl, über England nach Hause zurück. Am 26. Mai in
Leipzig angekommen und noch am selben Tage in Moritzburg
vom Königspaare und der übrigen königlichen Familie empfangen,
hielt das neuvermählte Paar am 28. Mai seinen feierlichen Ein-
zug in Dresden.
Jedermann weiß, wie glücklich diese fast 25 Jahre währende
Ehe sich gestaltet hat. Die Prinzessin, die durchaus das germanische
Gepräge ihrer väterlichen Abstammung zeigte, lebte sich bei ihrer
großen Jugend rasch in die deutschen und nordischen Verhältnisse
ein. Für ihren Gatten war sie die stets besorgte und verständ-
nisvolle deutsche Hausfrau, die, wennschon nicht selbst ausübend
musikalisch, doch gern und aufmerksam seinen Studien auf dem
Flügel oder den von ihm mit weicher Baritonstimme vorgetragenen
Schubertschen Liedern lauschte, mit einer Handarbeit oder mit einer
Malerei beschäftigt. Nur die kriegerischen Ereignisse trennten
die Gatten 1866 und 1870/71. Aber während dieser Zeit blieben
sie in engster brieflicher Verbindung, so daß die Prinzessin sich
rühmen konnte, aus Frankreich nicht weniger als 207 Briefe
vom Gatten erhalten zu haben. Wir wissen ja auch aus dem
früher Mitgeteilten, daß die Prinzessin Anfang April nach Laon
eilte und dort beim Prinzen bis zur Räumung des Landes blieb.
In gleich hohem Grade zeigte die Prinzessin sich als gute
und sorgende Mutter. Im Anfang lag natürlich die körperliche
Pflege ihr am nächsten, die sie in ganz anderer Weise als manche
andere vornehme Frau persönlich in die Hand nahm und besonders
am Prinzen Albert zu betätigen hatte. Dann aber stand ihr als
höchstes Ziel, entsprechend ihrer eigenen tiefreligiösen Über-
zeugung, die religiöse Aus= und Durchbildung ihrer Kinder vor
der Seele. „Ich sehe die Religion als den Grund jeder Erziehung
an, und es ist mein Hauptbestreben, die Kinder nach dem Willen
Gottes zu erziehen. Ich sehe es als meine heiligste Aufgabe an,
mich soviel als möglich um die Erziehung meiner Kinder zu
kümmern, und halte es für meine Pflicht, sie soviel als möglich