Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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wurden, ist schon die Rede gewesen. Richtig war es allerdings, 
daß man in dem unnatürlichen Anwachsen der sozialistischen 
Stimmen von vielen Seiten eine Antwort des sächsischen Volkes 
auf die sogenannte „Wahlentrechtung“ von 1896 erkennen wollte, 
und offenbar tat dies auch die Regierung. Aber abgesehen 
davon, daß man dazu 1898 noch eher Gelegenheit gehabt hätte, 
war jedenfalls eine andere und tiefer wirkende Ursache jenes 
durchaus unbegründete Vorurteil breiter Schichten des sächsischen 
Volkes gegen die Regierung des Königs Georg. Gewiß kam dazu 
auch Verstimmung über den immer wachsenden Einfluß der Kon- 
servativen, also im wesentlichen doch des agrarischen Elementes in 
der zweiten Kammer, die, wie schon erwähnt, im November 1903 
die liberalen Mitglieder sogar von sämtlichen Kommissionen aus- 
schließen wollten. Auf eine Reform des Wahlrechts kam deshalb 
im Anfang September auch der Verband sächsischer Industrieller 
zu, der eine Neueinteilung der Wahlkreise unter Aufhebung des 
Unterschiedes ländlicher und städtischer Wahlkreise unter besonderer 
Berücksichtigung der Großstädte empfahl; denn die ländliche Bevölke- 
rung zahle 9 752 000, die städtische dagegen 25 499 000 M. direkte 
Staatssteuern. Die drei Großstädte des Landes hätten 1901 bei- 
nahe die Hälfte der gesamten direkten Steuern aufgebracht. — Aber 
auch dies blieb vorderhand schätzenswertes Material. Daß übrigens 
die Stimmung wenigstens in gewissen Kreisen des Landes trotz 
der großen Anhäufung schmutziger Wäsche auf dem allgemeinen 
sozialdemokratischen Parteitag zu Dresden vom 13. bis 19. Sept. 
1903 sich noch nicht geändert hatte, ergab am 21. Nov. die durch 
den Rücktritt des früheren Pastors Göhre im 15. sächsischen Wahl- 
kreise (Flöha) notwendig werdende Ersatzwahl. Göhre trat bekannt- 
kanntlich infolge der Verunglimpfungen der akademisch gebildeten 
Genossen auf dem Dresdener Parteitage zurück; an seine Stelle 
wurde wieder ein Sozialdemokrat mit 16 039 Stimmen gegen den 
Nationalliberalen gewählt, der nur 10509 Stimmen erhielt. Am 
5. Jan. 1904 ferner wurde der Sozialist bei der Ersatzwahl im 
22. sächsischen Wahlkreis mit 15272 Stimmen gewählt, obwohl 
man in dem Grafen Hoensbroech (9749 Stimmen)g seitens der 
Ordnungsparteien einen sehr namhaften Kandidaten aufgestellt
	        
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