— 73 —
hauptung übrig blieb. Auch deren Abschaffung faßten die Kam-
mern schon ins Auge, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß
unter der Einwirkung der neuen Gesetzgebung sich die schweren
Verbrechen vermindern würden. Auch die Prügelstrafe wünschte
die zweite Kammer im Gegensatz zur ersten abgeschafft; doch
einigte man sich auf ihren Wegfall als Hauptstrafe, aber Bei-
behaltung in subsidiärer Anwendung zur Züchtigung renitenter
Sträflinge u. dgl. Prangerstrafe und andere ähnliche selbständige
Ehrenstrafen kamen von nun an auch in Abgang. Sehr charakte-
ristisch war die Stellungnahme der Kammern gegenüber dem
Regierungsvorschlage, daß mit Zuchthaus bestraften Adligen der
Adel abzuerkennen sei. Man betonte dagegen, daß dies dem
Wesen des konstitutionellen Staates nicht entspräche und das
Bürgertum keine Veranlassung hätte, ausgestoßene Adlige sich
zugewiesen zu sehen; man setzte an die Stelle den Verlust der
politischen wie der Ehrenrechte. Am 30. März 1838 wurde das
neue Strafgesetzbuch publiziert und alsbald auch ohne Anderung
im Großherzogtum Sachsen-Weimar angenommen. .
Derselbe Landtag hatte die Regierung um eine gesetzliche
Regelung der Lage der Juden ersucht. Schon damals ergab sich
deutlich, daß am wenigsten hierbei die religiöse Verschiedenheit
in Betracht kam, sondern daß die Gewerbetreibenden von den
Juden einen unlauteren Wettbewerb besorgten. Auch machte sich,
wenn auch wohl nicht in dem Maße wie heute, der Rasseunter-
schied bemerklich. Begreiflicherweise suchten die Juden aus der
rechtlosen und entwürdigenden Stellung herauszukommen, die ihnen
noch seit dem Mittelalter anhaftete. Beispielsweise mußte die
Dresdener Judenschaft bis zum Jahre 1834 bei jeder Feuers-
brunst, auch einer kleineren, 10 Taler bezahlen, von da an zwölf
Mann aus der Gemeinde zum Löschen bestellen; in Freiberg
aber mußte ein Jude, der Geschäftsgänge in der Stadt besorgen
wollte — natürlich nur bei vorübergehendem Aufenthalte, da
ihm dauernder nicht gestattet war — sich von einem Polizeidiener
auf seine Kosten begleiten lassen, damit er nicht etwa heimlich
Bergbauprodukte aufkaufe. 8 32 der Verfassung bestimmte zwar
für jeden Landeseinwohner Gewissensfreiheit und Schutz in der