Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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hauptung übrig blieb. Auch deren Abschaffung faßten die Kam- 
mern schon ins Auge, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß 
unter der Einwirkung der neuen Gesetzgebung sich die schweren 
Verbrechen vermindern würden. Auch die Prügelstrafe wünschte 
die zweite Kammer im Gegensatz zur ersten abgeschafft; doch 
einigte man sich auf ihren Wegfall als Hauptstrafe, aber Bei- 
behaltung in subsidiärer Anwendung zur Züchtigung renitenter 
Sträflinge u. dgl. Prangerstrafe und andere ähnliche selbständige 
Ehrenstrafen kamen von nun an auch in Abgang. Sehr charakte- 
ristisch war die Stellungnahme der Kammern gegenüber dem 
Regierungsvorschlage, daß mit Zuchthaus bestraften Adligen der 
Adel abzuerkennen sei. Man betonte dagegen, daß dies dem 
Wesen des konstitutionellen Staates nicht entspräche und das 
Bürgertum keine Veranlassung hätte, ausgestoßene Adlige sich 
zugewiesen zu sehen; man setzte an die Stelle den Verlust der 
politischen wie der Ehrenrechte. Am 30. März 1838 wurde das 
neue Strafgesetzbuch publiziert und alsbald auch ohne Anderung 
im Großherzogtum Sachsen-Weimar angenommen. . 
Derselbe Landtag hatte die Regierung um eine gesetzliche 
Regelung der Lage der Juden ersucht. Schon damals ergab sich 
deutlich, daß am wenigsten hierbei die religiöse Verschiedenheit 
in Betracht kam, sondern daß die Gewerbetreibenden von den 
Juden einen unlauteren Wettbewerb besorgten. Auch machte sich, 
wenn auch wohl nicht in dem Maße wie heute, der Rasseunter- 
schied bemerklich. Begreiflicherweise suchten die Juden aus der 
rechtlosen und entwürdigenden Stellung herauszukommen, die ihnen 
noch seit dem Mittelalter anhaftete. Beispielsweise mußte die 
Dresdener Judenschaft bis zum Jahre 1834 bei jeder Feuers- 
brunst, auch einer kleineren, 10 Taler bezahlen, von da an zwölf 
Mann aus der Gemeinde zum Löschen bestellen; in Freiberg 
aber mußte ein Jude, der Geschäftsgänge in der Stadt besorgen 
wollte — natürlich nur bei vorübergehendem Aufenthalte, da 
ihm dauernder nicht gestattet war — sich von einem Polizeidiener 
auf seine Kosten begleiten lassen, damit er nicht etwa heimlich 
Bergbauprodukte aufkaufe. 8 32 der Verfassung bestimmte zwar 
für jeden Landeseinwohner Gewissensfreiheit und Schutz in der
	        
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