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Das älteste Werk, welches sich ausschließlich mit dem Erzgebirge
beschäftigt, ist
M. Christian Lehmanns sen. Historischer Schauplatz derer
natürlichen Merkwürdigkeiten in dem Meißnischen Obererzgebirge 2c.
Leipzig, Lanck's Erben. 1699.7) «
Obgleich Lehmann sich auf den westlichen Theil des Obergebirges,
den Bezirk der Superintendentur Annaberg beschränkt, ist der Historische
Schauplatz unzweifelhaft als ein Quellenwerk von hohem Werthe
für die Heimathkunde des Erzgebirges zu bezeichnen. Mit der Ge—
schichte der frühesten Besiedelung beginnend, giebt er zahlreiche Details
über Lokalgeschichte, Topographie, Statistik. Er beschreibt den Boden
und die klimatischen Verhältnisse, die Erzeugnisse des Landes, Pflanzen,
Thiere, Mineralien; aber er legt auch den Grund zu jenen über—
triebenen Darstellungen der erzgebirgischen Verhältnisse und Zustände,
wenn er das rauhe, wilde, unwirthliche Land, die unermeßlichen
Wälder, die tückischen Sümpfe, die schroffen Felsengebilde, die wild-
reißenden Waldbäche, die schlimmen Wetter und bösen Nebel, die
gefürchteten Schneestürme u. s. w., den geringen Verkehr, die wenigen
und schlechten Straßen immer vorwiegend betont, und Ansiedelungen
und Städte nur dort finden läßt, wo der reiche Bergsegen zu Tage
tritt. „Man erkennt das Land gar nicht wieder, wenn man liest,
„was es für eine grauenhafte Wildniß gewesen ist.“
Bemerkenswerth ist noch die Angabe der Reviereintheilung des
Obergebirges von 1607, erneuert 1677, und die Aufzählung der
Straßen und Wege über das Gebirge.“*)
Die landschaftlichen Schönheiten des Erzgebirges und seine
Reize für den Wanderer sind überhaupt erst seit etwa hundert Jahren
entdeckt worden.
*) M. Christian Lehmann wurde am 11. November 1611 in Königswalde
bei Annaberg geboren. Sein Vater war dort, und später in Elterlein Pfarrer,
wo Lehmann 1633 Substitut seines Vaters wurde. Im Jahre 1638 kam
Lehmann als Pfarrer nach Scheibenberg, wo er nach fast 51jähriger Wirksamkeit
am 11. Dezember 1688 starb. Außer den kaum zu ertragenden Drangsalen des
30jährigen Krieges, welche er in einem auf der Dresdener Bibliothek noch vor-
handenen Manuskript „Kriegschronik der Teutschen“ mit peinlicher Ge-
nauigkeit darstellt, hatte er auch in seinem Amte „viel Plackereien von bösen
Leuten“ auszustehen. Sein Bildniß befindet sich in der Kirche zu Scheibenberg;
nuf dem dortigen Kirchhofe ist eine Reliefdarstellung von ihm und seiner Frau
in der Tracht der Zeit. (Erinnerungsfeier am 11. Dezember 1888.)
»*)] Dr. Johannes Poeschel, Eine erzgebirgische Gelehrtenfamilie.
Leipzig, W. Grunow. 1883.
Glückauf (Jahrbuch) 1884, S. 100 ff. Christian Lehmann. Z
Glückauf (Jahrbuch) 1886, S. 48 ff. Leipzig, Pfau. Eine erzgebirgische
Gelehrtenfamilie.