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würde man nicht zögern, in ein so großartiges Unternehmen ein—
zutreten.
Schon Frhr. v. Herder hatte die Frage gestellt, „ob nicht auch
mit einem oberen, weniger langen und daher weniger kostbaren Stolln
auszukommen wäre“ — und die Stollnmündung unterhalb Roth—
schönberg (an die Stelle des fünften Lichtloches vom ersten Project),
die Länge auf 12 425 m, das Einkommen auf 106 m unter dem
Annastolln, die Kosten auf 1 498 012 Thaler (5 494 036 Mark)
gesetzt, gleichzeitig aber dazu bemerkt: „Die durch den Rothschönberger
Stolln dargebotenen Maschinenkräfte gestatten nur, den Halsbrückener
Bergbau nicht weiter als bis in die neunte Gezeugstrecke, d. h. 240
Lachter (480 m) unter den Anner Stolln fortzustellen, während mit
dem Meißner Stolln zum Allerwenigsten bis in die fünfzehnte Ge-
zeugstrecke, d. h. 392 Lachter (784 m) unter den Anner Stolln
niedergegangen werden kann.“
Die Kostspieligkeit und der ungeheure Zeitbedarf für die Aus-
führung des tiefen Meißner Stolln wurden Veranlassung, das vom
Bergmeister v. Weißenbach ausgearbeitete Project des Rothschönberger
Stolln anzunehmen. Derselbe sollte eine Länge von 13 054 m er-
halten, ungerechnet die 846,75 m lange Adbzugsrösche, bis zum
siebenten Lichtloche 2,.,5 m, von da 1,5 m breit, durchgehend 3 m hoch
angelegt werden, 89 m höher als der tiefe Meißner Stolln, 94 m
tiefer als der Annastolln. Der Bau begann im dritten Quartal
1844, unter Oberleitung des Oberbergrath v. Warnsdorff und nach
dessen Tode (1871) des Oberbergrath C. H. Müller. Obersteiger
Jobst und Bergrath Schwamkrug beaussichtigten von Anfang bis zu
Ende die Arbeiten. Im Jahre 1868 legte man ein achtes Lichtloch
gegenüber von Halsbrücke an, dessen Turbinenkunstgezeug, wie das
Radkunstgezeug des siebenten Lichtloches durch die Wasserkraft des
rothen Grabens getrieben wurde. Am zweiten, dritten und sechsten
Lichtloche waren Dampfmaschinen aufgestellt; am ersten, vierten und
fünften Lichtloche wurde Wasserkraft angewendet. Um beim fünften
Lichtloche zwei vertikale Turbinen zum Betriebe der Wasserhebungs-,
Wetter= und Fördermaschinen verwenden zu können, wurde die Bobritzsch
bei der Beckermühle zu Krummenhennersdorf gefaßt und in einem
1652 m langen offenen Graben geführt; kurz hinter der Stelle,
wo das fünfte Lichtloch sich befand und die Reste des Maschinen-
gebäudes und der Bergschmiede noch zu erkennen sind, biegt dieser
Graben in eine 1905 m lange unterirdische Rösche, um in Reins-
berg am vierten Lichtloche wieder herauszutreten, wo er ein Radkunst-
gezeug trieb.
Ende März 1877, also nach einer Bauzeit von 32½ Jahren,