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gebaut, um den Verkehr der oberhalb gelegenen Orte mit der Flöha-
thalbahn zu vermitteln.
Von Hohenfichte, wo sich das Thal der Flöha ein wenig erweitert,
erreicht man in bequemem Aufstiege in drei Viertelstunden Augustusburg.
Bei der Höllmühle erblickt man auf der Höhe eines Bergsporen,
oberhalb des mit Wald eingefaßten Flußthales die Kirche von Dorf
Schellenberg, und über ihr breit auf sanft ansteigender Berglehne die
isolirt aufragende Kuppe mit dem Schlosse Augustusburg und dem
darunter hingestreckten Städtchen Schellenberg. Es ist dies die beste
und stattlichste Ansicht des Schlosses.
Die anfangs niedrigen Thalränder rücken von Hohenfichte an
nahe an den Flußlauf und erheben sich an vielen Stellen ganz be-
deutend; Felssporen und Felsklippen treten aus den mit Wald be-
deckten Abhängen; anmuthige Landschaftsbilder wechseln bei jeder
Biegung des Thales. Dessen ungeachtet ist es gerathen, den Weg
von Hohensichte bis Rauenstein mit der Eisenbahn zurückzulegen.
Rauenstein (urkundlich Rawenstein) war vor Zeiten der
Mittelpunkt einer ausgedehnten Herrschaft, welche an die Dynasten-
herrschaften Wolkenstein, Scharfenstein, Schellenberg und Lauterstein
grenzte. 1289 beabsichtigte Friedrich der Kleine sie an Böhmen ab-
zutreten; 1476 kam sie an die v. Günterode. 1567 (15762) kaufte
sie Kurfürst August. Er bildete das Amt Rauenstein. Das Schloß
wurde ausgebaut und nach Abtrennung der Wälder und Regalien an
die v. Römer verkauft; später besaßen es die Carlowitze, gegen-
wärtig die Freiherren v. Herder.
Schumann sagt von Rauenstein: „Selten sieht man anderwärts
ein ähnliches Gebäude alter Zeit; eine so seltsame Architektur, ohne
allen Sinn für Schönheit und Ebenmaß, für Ordnung und Regel;
hier eine massive Felsenmauer, dort hölzernes Fachwerk; hier hoch,
dort niedrig, kantig und eckig, recht= und schiefwinklig, gleich als wäre
iedern einzelne Stück nach blinder Wahl auf= und durcheinander
gestellt."“
Das Schloß steht auf einem Felsenvorsprunge des reich mit
Buchen und Nadelholz bedeckten, steilen Hanges, so daß man vom
Thale aus nur einige Giebel und den viereckigen Mittelthurm sieht.
Dieser ist aller Wahrscheinlichkeit nach früher bedeutend höher ge-
wesen, um weit ins Land hinaus lugen zu können, wie auch eine
Federzeichnung Dilichs aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts
bestätigt. An denselben schließen sich ein Paar kurz vorspringende
Seitenflügel, und vor ihm liegt das Hauptgebäude, einen kleinen
inneren Hof umfassend. Die Burg ist ursprünglich eine sehr kleine
Grenzburg gewesen. Der Vorhof der ehemaligen Burg theilt sich in