Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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wirken“ heißt es 1571: „ihr souil Leutte als von dem Perckwerck 
neeren mussen". Durch kurfürstliche Privilegien wurde die Anna- 
berger Posamentirer-Innung besonders begünstigt. « 
Die Bandmanufaktur beschäftigte Anfang dieses Jahrhunderts 
400 Meister, 200 Gesellen und 300 Lehrlinge. „Gegen 800 ar- 
beiten auf Bandstühlen, die übrigen fertigen Räupchen, seidene und 
zwirnene Fransen, gewirkte Spitzen und andere Posamentirarbeit.“ 
(Merkel I, 239.) „Gegen Mitte des Jahrhunderts ging das vor 30 
und 40 Jahren noch so kräftig dastehende Posamentir -Bandgewerbe 
im Obergebirge Schritt vor Schritt abwärts. Gegen die Bandfabri- 
kation in St. Etienne, in Basel, in Wien 2c. stand die obergebirgische 
weit zurück, welche sich vom Gebiete der Mode fern auf einem eng 
beschränkten Gebiete hielt und weder Mühlenstühle, Jaquardvorrich- 
tungen, noch Appreturen und Färbereien in entsprechendem Umfange 
besaß.“ (Wieck, 35 ff.) 
Annaberg, Buchholz, Oberwiesenthal, Ehrenfriedersdorf, Geyer, 
Wolkenstein, Jöhstadt, Lößnitz, Scheibenberg, Schlettau bilden gegen- 
wärtig den Sitz der Posamentenfabrikation, in welcher Annaberg mit 
Buchholz herrschend obenan steht. Schon seit Jahren hat eine An- 
zahl Berliner Häuser in Annaberg Filialen errichtet und einen nicht 
unbedeutenden Einfluß auf die Arbeitsverhältnisse gewonnen, besonders 
dadurch, daß sie feine Waaren für die inländische Anfertigung von 
sogenannten „Confectionen“ verlangten. Infolge dessen haben sich 
viele Arbeiter von den billigen Massenartikeln ab= und den feineren 
Arbeiten zugewendet, wodurch die Arbeitslöhne wesentlich stiegen. 
Die neue Zollgesetzgebung hat aber auf die sächsische Posamenten= 
industrie nachtheilig eingewirkt. Die Schutzzölle an sich haben dieselbe 
allerdings nicht geschädigt, aber die Aufhebung des Veredelungsver- 
kehrs (mit Oesterreich), da beinahe die Hälfte der Arbeiter der säch- 
sischen Posamentenfabrikation in Böhmen wohnt, und nunmehr diese 
billigeren Arbeitskräfte der sächsischen Industrie verloren gehen. Schon 
1882 verlegte eine Anzahl Annaberger und Buchholzer Häuser Filialen 
nach Weipert. 
„Als erfreulich ist hervorzuheben,“ sagt der Bericht der Handels- 
und Gewerbekammer zu Chemnitz 1879/80, „daß sich mit gutem Er- 
folge bemüht wurde, die einzelnen Artikel in immer besserer und voll- 
kommenerer Qualität herzustellen, und daß dies auch besonders von 
der Confection in Deutschland sehr beifällig aufgenommen worden iste 
Für den Export nach England und Anmerika sind allerdings noch 
immer niedrige Preise die Hauptbedingung, zu welchen wirklich gute 
Waare leider oft zu schwer zu liefern ist". Natürlich verdienen bei 
diesen weder Arbeiter noch Fabrikant. «
	        
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