Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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1820 in Markneukirchen eingeführte Guitarrenbau. Abgesehen 
von der Massenfabrikation ordinärer Guitarren werden hier „nicht 
nur sehr schöne, mit zierlichen Einlagen versehene, sondern auch im 
Tone ausgezeichnete Guitarren gefertigt". (Berthold und Fürstenau, 
die Fabrikation musikalischer Instrumente.) Außer den Gutitarren 
macht man Lauten und Mandolinen für den Orient, Violas für 
Südamerika, Banjos für die Neger in Nordamerika; Zithern, be- 
sonders für den deutschen Bedarf, darunter ganz ausgezeichnete, und 
endlich in einzelnen Werkstätten auch Harfen. Große Massen von 
billigen Kindergeigen und Kinderguitarren werden gefertigt. Die 
Fabrikation von Musikspielwaaren, oder Kinderinstrumenten überhaupt 
hat einen bedeutenden Umfang. 
Leider finden sich immer Arbeiter, welche um Hungerlöhne arbeiten, 
aber auch Fabrikanten, welche zu Spottpreisen liefern und nur Schund- 
waare fertigen lassen. Daß hierdurch eine Industrie mit der Zeit 
vernichtet wird, wollen Kurzsichtige nicht einsehen. Glücklicher Weise 
ist aber die Mehrzahl der Fabrikanten von der Bedeutung guter 
Waare durchdrungen und bestrebt, unter deutscher Bezeichnung und 
eigener Firma mustergiltige Waare zu liefern. 
Im Zusammenhange mit der Anfertigung der Instrumente ent- 
wickelte sich die Fabrikation der Darm-, übersponnenen 
und seidenen Saiten. Die Dannmsaiten werden aus russischen 
und englischen Schafdärmen gefertigt, die ersteren geben einen besseren 
Klang und sind weißer, die letzteren dauerhafter. Die Jahres- 
production beträgt 15 — 20 Millionen Saiten und beschäftigt gegen 
400 Arbeiter. Zu den feinen Darmsaiten nimmt man Lämmer- 
därme, zu den stärkeren Schaf-, Ziegen= und Katzendärme. Dieselben 
werden geweicht, mehrere Tage in der Lauge (Beize) gelassen, von 
den Fettbestandtheilen gereinigt (geschleimt); in Streifen getheilt und 
auf dem Drehrad gesponnen; die Violinsaite E aus zwei bis drei, 
A aus vier, D aus sechs Strähnen, eine Contrabaßsaite aus vierzig 
bis sechzig. Während des Spinnens werden die Saiten glatt ge- 
strichen und geschwefelt, sodann getrocknet, geglättet und in Ringel 
gebunden. Die Länge der Saiten wird nach Zug (d. h. Violin-, 
Cello-, Baß= u. s. w. Längen) angegeben; bei der großen Ver- 
schiedenheit dieses Maaßes soll jedoch 50 cm Länge für den Zug ein- 
geführt werden. Eine gute Saite soll gleichmäßig stark, hell, durch- 
sichtig und elastisch sein. Die Markneukirchner Saiten gehen nach 
allen Ländern der Erde. Die Herstellung übersponnener Saiten und 
seidener Violinquinten beschäftigt 50 bis 70 Arbeiter. Dieselben 
werden über die Spinnsaite von geringerer Qualität oder von Seide 
angefertigt; die feinsten Violin= und Violasaiten (C und C) mit
	        
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