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hof u. s. w. bezeichnet wurde, deutet darauf hin, daß der erste Be—
sitzer dieses Hofes das Oberhaupt der Ansiedler bei ihrer Nieder-
lassung gewesen war. i-
Das slavische oder sorbenwendische Dorf, für dessen
Anlage noch zahlreiche Beispiele nördlich vom Erzgebirgsfuße zu
finden sind, bildet ein geschlossenes Ganze und bestätigt schon in
seiner äußeren Form und seinem Grundrisse die Verbindung des Ge-
meindewesens. Die vorwiegende Form, gewissermaßen der Urtypus
des altslavischen Dorfes, ist die Kreisform. Die sämmtlichen Höfe
desselben liegen aneinandergeschlossen in einem Kreise und nur ein
Eingang führt in das Innere des Dorfes, während die äußere Um-
fassung von Hecken oder Lehmwänden gewissermaßen die erste Ver-
theidigungslinie bildet. In der Mitte des Dorfes liegt in der Regel
ein Teich; ein von Linden umfaßter Platz bildet die Stätte der Ge-
meindeversammlungen und Berathungen. Häufig ist eine kleine Kapelle
neben demselben, während die Kirche in der Reihe der Höfe liegt.
Man kann, wie schon gesagt, für diese Dorfform noch zahlreiche Bei-
spiele in den Dörfern sorbenwendischen Ursprunges auf dem unteren
Rande und am Fuße des Erzgebirgsabhanges nachweisen, häufig selbst
da, wo die ursprüngliche Form durch das Anwachsen des Ortes schon
bedeutend verändert ist. Auf dem eigentlichen Gebirgsabhange kommen
sie über 250 m Meereshöhe nicht mehr vor. Nur in dem durch
Vergrößerung schon wesentlich veränderten Luchau bei Glashütte und
in Großopitz bei Tharandt, in einer Höhenlage von 475 m, bezw.
330 m — beides wahrscheinlich Niederlassungen aus dem 12. Jahr-
hundert —, ist die ursprüngliche Anlageform noch zu erkennen. In
dem am äußeren Rande des Waldgebietes gelegenen Collmen bei
Colditz, Gorschmitz, Töpeln, Rhäsa bei Nossen, Coschütz bei Pottschappel,
Sürßen bei Dohna und mehr noch bei zahlreichen Orten der Nieder-
ung ist die flavische Grundform ganz deutlich erkennbar.
Als oberster Grundsatz allen Besitzes galt, daß die ganze Feld-
mark des Dorfes an Aeckern, Wiesen, Weiden, Waldung, Unland und
Wüstungen, Bächen, Teichen u. s. w. der Gemeinde als Gesammt-
besitz angehörte, und daß der einzelne Hofbesitzer nur als Mitglied
der Gemeinde gewissermaßen den Nießbrauch eines entsprechenden
Theiles des Gesammtdhesitzes hatte.
Anders war es bei der Anlage der deutschen Dörfer
im Waldgebiete. Hier wurde das Gesammtgebiet des anzulegenden
Dorfes in so viele Theile getheilt, als Höfe gegründet werden sollten
und der dieser Zahl entsprechende Raum in so viele, geschlossene,
aneinander stoßende Hufen zerlegt, als die Dorfgemeinde Höfe zählen
sollte. Daher bildete die mit dem Gehöfte besetzte Hufe ein geschlossenes