Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

94 Verfassungssturz in Hannover. 
Grundsätze erhoben, und den Laien unbedingten Gehorsam 
unter den Satzungen der klerikalen Hierarchie auferlegt hatte. 
Der Kampf mit den Staatsgewalten konnte nicht ausbleiben. 
In Preußen entspann er sich in Sachen des theologischen 
Universitätsunterrichts und der gemischten Ehen: nach langen 
Verhandlungen kam es 1837 zum offenen Zwiespalt, und die 
Regierung ließ den wortbrüchig gewordenen Erzbischof von 
Cöln nach Minden in Haft bringen, den in gleichem Sinne 
wirkenden Erzbischof von Posen aber durch gerichtliches Urtheil 
absetzen. Das Cölner Domcapitel und der Fürstbischof von 
Breslau hielten zur Regierung, bei der rheinischen und 
polnischen Bevölkerung jedoch zeigte sich eine heftige Gährung. 
Eben damals war in München der eifrig klerikale Herr von 
Abel leitender Minister geworden, und ließ der ultramontanen 
Presse bei den heftigsten Angriffen gegen Preußen freien Lauf, 
und dieses Mal erhob auch Metternich, welcher soeben den 
Jesuiten den von Kaiser Franz stets geweigerten Zugang nach 
Osterreich eröffnet hatte, keinen Einspruch gegen die bundes- 
widrige Verstattung schrankenloser Preßfreiheit. 
So war in allen deutschen Landen eine in den mannig- 
fachsten Farben durch einander wirbelnde Bewegung der Geister 
erwacht. Der ganze bisherige Zustand war ohne eine Spur 
materieller Auflehnung durch eine kecke Kritik in Frage gestellt. 
Da trat 1837 ein Ereigniß ein, welches die politische Agitation 
für ein volles Jahrzehnt in ihren Bestrebungen fixirte und 
ihr einen unverrückbaren gemeinsamen Zielpunkt gab: der 
Verfassungssturz in Hannover durch den neuen König Ernst 
August. Unter lügenhaften Vorwänden, hauptsächlich zu dem 
Zwecke freierer persönlicher Verfügung über das Staatsvermögen 
unternommen, stand die Umwälzung sowohl mit dem Landrecht
	        
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