Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

Politische Doctrin des Königs. 101 
daß er damals die Wünsche Stein's und Hardenberg's zur 
deutschen Verfassungsfrage mit voller Sympathie begleitete, 
jene Anträge auf Osterreichs höchsten Ehrenrang, Preußens 
zunächst wichtige Stellung, auf die Kreisobersten als Kriegs- 
herren und Reichsregierung, die übrigen Fürsten und Dynasten 
als glänzende Reichsversammlung. Ein Reichsregiment also 
in mehrfacher Abstufung der obrigkeitlichen Gewalt, so jedoch, 
daß jedes Mitglied desselben in seinem Wirkungskreise die 
volle Weihe des gottbegnadeten Fürstenamts besäße. 
Von dieser Weihe hatte Friedrich Wilhelm überhaupt 
den höchsten Begriff, sie bildete den Kern und Mittelpunkt 
seiner gesammten sittlichen und politischen Anschauungen. Es 
war dieselbe Doctrin, mit welcher einst Graf de Maistre den 
revolutionären Staatsbildungen entgegengetreten war: Gott 
sei der Grund aller Staaten und Staatsverfassungen, und 
zwar vollziehe Gott die Schöpfung des Staates ausnahmslos 
in der Weise, daß er einen Einzelnen und dessen Geschlecht 
mit der Kraft des Herrschens ausrüste; wie die Palme über 
die niedern Gesträuche erhebe sich dann ein solcher Stamm 
in die Lüfte, und um ihn legen sich die dienenden Genossen 
an; erst eine solche von Gott gesetzte Souveränität möge 
darauf den Unterthanen einzelne Rechte einräumen, welche, 
auf diese Art entstanden, segensreiche Dauer gewännen, 
während sie, eigenmächtig erzwungen, sich selbst und den 
Staat zerstörten; neben die mächtigen Königsfamilien pflege 
dann Gott eine Reihe kleinerer, aber in ähnlicher Weise aus- 
gezeichneter Racen zu setzen, welche fortan die breitere politische 
Entwicklung des ganzen Volkes bestimmen. Friedrich Wilhelm, 
dessen Herz jeder despotischen Willkür abgewandt war, fühlte 
sich sehr geneigt, sowohl allen seinen Unterthanen „einzelne
	        
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