Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

120 Mißerfolg der Regierung. 
König war tief betroffen, wollte aber den Bruch sogleich im 
Beginne des Werkes vermeiden, und stellte in Aussicht, den 
Landtag vor dem Jahre 1851 wieder zu berufen. Dies 
half jedoch wenig. Er mußte erleben, daß seine Vorlagen 
über eine Einkommensteuer und eine Eisenbahnanleihe ab- 
gelehnt wurden, weil die Bewilligung vor unbedingter An- 
erkennung der ständischen Rechte von 1820 nicht möglich sei. 
Nur mit großer Mühe wurden die Wahlen zu den, von der 
Mehrheit perhorrescirten Ausschüssen zu Stande gebracht. 
Während die Vertheidiger der königlichen Vorlage, an ihrer 
Spitze die Herren von Manteuffel und von Bismarck-Schön- 
hausen, im Lande als Anhänger einer despotischen Gesinnung 
verdächtigt wurden, umgab eine brausende Popularität die 
Führer der Opposition, den pommerischen Grafen Schwerin, 
den Ostpreußen Alfred von Auserswald, den westfälischen 
Freiherrn Georg von Vincke, die Rheinländer Ludolf Camp- 
hausen, Mevissen, Beckerath, Hansemann, und selbst Metter- 
nich gab ihnen das Zeugniß einer überraschenden Tüchtigkeit 
und Gewandtheit, der sich die Commissare der Krone nicht 
gewachsen gezeigt hätten. Aber wie dem auch sei, für den 
König war der Verlauf des Landtags ein Fehlschlag. Die 
Verhandlungen desselben hatten die liberale Erregung in alle 
Häuser des Landes getragen und dem Könige den unver- 
dienten Ruf absolutistischer Unverbesserlichkeit eingebracht. Im 
übrigen Deutschland waren die auf Preußen gesetzten Hoff- 
nungen zerronnen, und über alle Grenzen des Staats ergoß 
sich aus Sachsen und Bayern, aus Baden und Darmstadt 
eine Fluth wilder Schmähungen der demokratischen Presse. 
Das Ansehen Preußens in Deutschland und die Achtung 
vor dem Königthum waren gleich schwer geschädigt.
	        
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