Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

Lola Montez in München. 121 
In derselben Zeit brach in Bayern ein Sturm ganz 
anderer Art über die monarchische Autorität herein. König 
Ludwig I. hatte beinahe zehn Jahre lang dort mit dem ultra- 
montanen Ministerium Abel unter vielfachen Klagen der 
Protestanten und Deutschkatholiken regiert. Im Jahre 1846 
aber begannen dem selbstherrlichen Fürsten die Leistungen der 
Partei ungenügend, die Ansprüche derselben unbequem zu 
werden; es kam zum Bruch durch eine plötzliche Leidenschaft 
des sechzigjährigen Herrn für eine schöne, geistreiche und 
sittenlose Tänzerin, Lola Montez, eine Diva von sehr 
unkirchlicher Gesinnung, deren Erhebung in den Grafen- 
stand deshalb Abel und seine Collegen nicht unterzeichnen 
wollten. Der König entließ die Minister und bildete ein 
liberales Cabinet. Darauf folgte ein tobendes Aufbäumen 
der klerikalen Partei, welche die augenblickliche Gunst ihrer 
Stellung als Vorfechterin ehrenhafter Sitte trefflich auszu- 
beuten verstand, und dabei auf die bisher prunkend zur Schau 
getragene ultraroyalistische Gesinnung gründlich verzichtete. 
Der alte Görres schrieb damals kurz vor seinem Tode: 
wenn der Geruch der Verwesung durch die Gesellschaft hin- 
durch geht, so thun die Brunnen des Abgrundes sich auf, 
und die Fluthen brechen über sie herein; in der Sprache 
der Menschenkinder wird es eine Revolution genannt, in der 
Sprache der Überirdischen ist es eine Umwälzung nach dem 
Richtmaaß ewiger Ordnung. Diese überirdische Sprache wurde 
verstanden. Gräfin Lola that das Ihrige, durch vielfachen 
Unfug den Zorn zu schüren. Ihr Haus wurde bedroht, 
der König selbst beschimpft, und endlich durch immer wachsende 
Tumulte, unter schmunzelndem Zuschauen des Militärs, die 
Tänzerin zur Flucht aus dem Lande gezwungen. In der
	        
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