Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

124 Versammlung in Offenburg. 
Partei überwältigt, und die radicale Herrschaft in der ganzen 
Eidgenossenschaft festgestellt. Eine so arge Schlappe, in 
welcher Metternich als der bis zur Lächerlichkeit Geprellte 
bloßgestellt war, hatte der greise Staatskanzler noch nicht 
erlitten. Den deutschen Radicalen aber erschien der Triumph 
ihrer schweizer Gesinnungsgenossen, die mit elenden Frei- 
schaarenzügen begonnen und mit einer großen nationalen Er- 
hebung geendigt hatten, als ein leuchtendes Muster für die 
von ihnen geplante Umwälzung. Nicht weniger kräftig wirkte 
auf die Vorkämpfer der deutschen Einheit die augenfällige 
Analogie zwischen dem deutschen Particularismus und dem jetzt 
zerschmetterten Cantönliwesen der Schweiz. Es wäre, meinten 
sie, Schmach und Schande, wenn die große deutsche Nation nicht 
vermöchte, was das kleine Schweizervolk glänzend durchgeführt 
hatte. Beide Gruppen gaben diesen Gesinnungen noch während 
der Dauer des schweizer Parteikampfes bestimmten Ausdruck. 
Am 12. September 1847 tagten zu Offenburg mehrere 
hundert freisinnige Badenser unter der Leitung des hitzigen, 
eitlen, aber mit schwungvoller, wenn auch nicht gedankenreicher 
Beredtsamkeit begabten Abgeordneten Hecker, und nahmen mit 
einstimmigem Eifer ein von dem Journalisten von Struve, 
einem kaltblütigen Fanatiker, entworfenes Programm an, 
welches die Abschaffung der verhaßten Bundesgesetze von 1819 
und 1832 forderte und dann weiter beantragte: unbeschränkte 
Preßfreiheit, unbedingte Religionsfreiheit, Vereins= und Ver- 
sammlungsrecht, Beeidigung des Militärs auf die Verfassung, 
Volksvertretung beim Bunde, Ersetzung der stehenden Heere 
durch Volksbewaffnung, progressive Einkommensteuer statt der 
bisherigen Besteuerung, Unterstützung der Arbeit gegen das 
Capital, Geschworenengerichte, Abschaffung aller Vorrechte,
	        
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