130 Die Märzrevolution. 1848
schwer ist, sich eine Vorstellung zu machen. Damals waren
die Erinnerungen an 1793 und 1830 noch lebendig; niemand
zweifelte an dem Eifer und der Unwiderstehlichkeit der fran-
zösischen Revolutions-Propaganda; man meinte den Sieg der
communistischen Demokratie in Paris und die Zerreißung aller
Grenzen durch die republikanischen Banden vor Augen zu
sehen. Bereits waren Ssterreichs Hände mit italienischen und
ungarischen Wirren belastet; der König von Preußen rief
vergeblich England an, durch einen festen Bund mit den drei
Ostmächten den gottlosen Radicalismus auf das französische
Gebiet zu beschränken; die übrigen deutschen Höfe aber schlug
ihr Gewissen, zu wie elendem Stand sie durch Knauserei und
Souveränitätsschwindel die Waffenmacht des deutschen Bundes
herabgebracht hatten. Um so krampfhafter klammerten sie sich
an die letzte Planke der Rettung, an die Liebe und Treue
ihrer Unterthanen. Leider aber bot den Meisten ihr Bewußt-
sein auch an dieser Stelle keinen vollständigen Trost; bei
allem gemeinnützigen Streben hatten sie doch nach Metternich's
Winken dreißig Jahre lang ihren Völkern die politische Freiheit
versagt oder verkümmert: und nun brach plötzlich die Fluth
der Forderungen aus allen Punkten des Bodens, aus allen
Schichten der Gesellschaft überwältigend über sie herein.
Überall waren es die Politiker des Bürgerthums, welche,
wie sie bisher in den Kammern und Zeitungen die Opposition
geführt, jetzt das Signal der Bewegung gaben. Alle Elemente
der bürgerlichen Gesellschaft, Kaufleute und Fabrikanten, Arzte
und Advocaten, Professoren und Lehrer, Künstler und Schrift-
steller, und nicht zum wenigsten eifrig ein großer Theil der
Beamten schlossen sich ihnen mit Begeisterung an. In diesen
Kreisen standen in erster Linie die Forderungen der nationalen